Mordsvergnügen

My Generation, Juni 2012 (Foto: Harald Keller)

My Generation, Juni 2012 (Foto: Harald Keller)

Für die Terminplanung 2013:

19. Januar: Party „My Generation“ mit den DJs Gisbert Wegener und Harald Keller – die ansteckend tanzbare musikalische Alternative mit ausgesuchten Vinylplatten aus den Rock- und Undergroundclubs der 60er, 70er und frühen 80er, mit Wunschtiteln sowie Raritäten und originellen Spezialitäten zum Neu- und Wiederentdecken

21. Februar: Der mörderisch bunte Leseabend – Gemeinschaftslesung der Krimiautoren Martin Barkawitz, Beate Bößl, Heinrich-Stefan Noelke und Harald Keller in der Volkshochschule Osnabrück, Bergstraße

1. März: Der mörderisch bunte Leseabend – Gemeinschaftslesung und Lichtbilderschau der Krimiautoren Martin Barkawitz, Beate Bößl, Heinrich-Stefan Noelke und Harald Keller in der Compagnia Buffo in Restrup bei Bippen

(unter Vorbehalt) 26. April: Der mörderisch bunte Leseabend – Gemeinschaftslesung der Krimiautoren Martin Barkawitz, Beate Bößl, Heinrich-Stefan Noelke und Harald Keller im Stadtgalerie-Café in Osnabrück

25. Mai: Party“Electric Musicland“ mit den DJs Gisbert Wegener und Harald Keller in der Compagnia Buffo in Restrup bei Bippen – die besondere Tanzparty mit Musik aus der Rock- und Underground-Ära in stilechter Umgebung mit gepflegtem Tanzboden, liebevoll gestalteten Dekorationen und Lichtspielen nach Art der 60er

Wird fortgesetzt.

 

 

Der Mann, der die Puppen nicht nur tanzen ließ

Gerry Anderson, gemeinsam mit seiner früheren Ehefrau Sylvia Schöpfer von Serienklassikern wie „Thunderbirds“ und „Mondbasis Alpha 1“, ist tot. In Memoriam und zur pläsierlichen Weiterbildung für die Nachgeborenen hier der Eintrag „Thunderbirds“ aus meinem Büchlein „Kultserien und ihre Stars“:

Der Kalte Krieg war im schönsten Schwange, als die THUNDERBIRDS erstmals über die britischen Bildschirme brausten. Das Produzentenehepaar Gerry und Sylvia Anderson jedoch schickte seine düsengetriebenen Donnervögel ausschließlich auf friedliche Missionen. Die tapferen Söhne des Ex-Astronauten und mehrfachen Millionärs Jeff Tracy waren mit modernster Technik zur Stelle, wo andere Hilfstruppen kläglich versagten. Unverzichtbar gehörte zu jeder THUNDERBIRDS-Episode das Bemannen der einzigartigen Rettungsraketen – fahrbare Rampen, ausgeklügelte Rutschen und ein mobiles Kanapee transportierten die Gebrüder Tracy zu ihren Pilotenkanzeln. Als Stützpunkt diente dem Team von International ­Rescue eine geheime Insel namens Tracy Island. Von hier aus starteten die THUNDERBIRDS zu Rettungsunternehmungen in aller Welt und sogar im Orbit, wo bereits die claneigene Raumstation Thunderbird 5 vor Anker lag. Im fernen England residierte die blaublütige Lady Penelope und reiste auf Anfrage in ihrem mit verblüffenden technischen Finessen ausgestatteten Rolls Royce in die Gefahrenzone, um gegebenenfalls geheimdienstliche Aufgaben zu übernehmen.

Die Serie war von Anbeginn an ein großer Erfolg und wurde zum Teil schon vor der Inlandspremiere von ausländischen Sendern erworben. Die eigentliche Erstausstrahlung fand deswegen nicht im Herstellungsland Großbritannien, sondern in den Niederlanden statt. Der besondere Reiz der Serie lag darin, daß ihre Protagonisten nicht von Schauspielern, sondern von Marionetten dargestellt wurden. Sämtliche Schauplätze waren mit großer Liebe zum Detail gestaltete, dreidimensionale Modelle. Die Andersons und ihr Produktionsteam hatten bereits in den 50er Jahren das Supermarionation-Verfahren entwickelt, das auf elektromechanischem Wege die Lippenbewegungen der Marionetten mit dem Dialogband synchronisierte. Häufig mußte improvisiert werden, um Miniaturkatastrophen zu simulieren und spektakuläre Effekte wie beispielsweise das Rendezvous zweier Flugzeuge in der Luft aufnehmen zu können. Der Aufwand war enorm, und jeden Tag wurden nur wenige Meter Film belichtet, so daß, wie Sylvia Anderson berichtet, die kleine Firma anfangs nicht geringe Probleme hatte, überhaupt eine Entwicklungsanstalt zu finden, die sich bereit erklärte, eine derart kleine Menge zu bearbeiten.

Die Arbeit für Andersons kleines Imperium war jedoch eine gute Schule, aus der renommierte Tricktechniker hervorgingen, die später an berühmten Kinoproduktionen wie 2001: ODYSSEE IM WELTRAUM (2001: A SPACE ODYSSEY, GB 1968), DAS IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK (THE EMPIRE STRIKES BACK, USA 1980) und ALIEN (GB 1979) mitwirken sollten. Gerry und Sylvia Anderson hatten bereits 1956/57 ihre erste Marionettenserie gedreht. Vordem waren sie als Dokumentaristen und Werbefilmer tätig gewesen und erhielten nun vom gerade beginnenden kommerziellen Fernsehen den Auftrag, für dessen Kinderprogramm die Marionettenserie THE ADVENTURES OF TWIZZLE zu erstellen. Auch TORCHY THE BATTERY BOY (GB 1959) und die Westernserie FOUR FEATHER FALLS (1960) richteten sich eher an jugendliche Zuschauer. Die 1961 entstandene, mit deutlich verbesserter Technik aufwartende Science-fiction-Serie SUPERCAR hingegen stieß auch bei den Erwachsenen auf reges Interesse. Dieser Linie blieben die Andersons treu. Die THUNDERBIRDS wurden sogar im Abendprogramm ausgestrahlt, als erste Marionettenserie mit fünfzigminütigen Episoden.

Der große Publikumserfolg machte die THUNDERBIRDS zu einem veritablen Wirtschaftsfaktor – ob Spielzeugmodelle, Baukästen, Malbücher, Schreibsets, Hörspielplatten, Zahnbürsten, Geschirr oder Kalender, an einschlägigen Produkten hatte es keinen Mangel. Auch zwei abendfüllende Kinofilme entstanden. Bis in die 70er Jahre hinein beherrschten die THUNDERBIRDS den Pop-Devotionalienmarkt. Erst George Lucas KRIEG DER STERNE (STAR WARS, USA 1977) vermochte ihnen auf diesem Gebiet den Rang abzulaufen. 1991 aber gab es ein glänzendes Comeback für die fliegenden Nothelfer. Die britische BBC nahm den Serienklassiker, der Ende 1966 ausgelaufen, danach aber bereits einige Male wiederholt und auch auf Video veröffentlicht worden war, wieder ins Programm. Und selbst Kenner wurden vom großen Zuspruch des Publikums überrascht. In aller Eile brachte die Firma Matchbox neue THUNDERBIRDS-Modelle auf den Markt und konnte dennoch die immense Nachfrage kaum befriedigen. In nur drei Monaten erzielte Matchbox mit den THUNDERBIRDS einen Umsatz von 12,5 Millionen Mark.

Zumindest in angelsächsischen Ländern sind die markanten Marionetten zum festen Bestandteil der Populärkultur geworden. Einem Werbespot der Fluggesellschaft KLM genügt allein die Titelmusik, um die gewünschten Assoziationen hervorzurufen. In anderen Spots traten die heldenhaften THUNDERBIRDS-Piloten auch selbst auf und warben unter anderem für Schokoriegel, Milchprodukte und einen japanischen Elektronikhersteller. Die Dire Straits ließen ihren Videoclip zu Calling Elvis im Stil der Andersons drehen, Bomb The Bass sampelten Jeff Tracys Startkommando »Thunderbirds Are Go!« für ihren Hit Beat Dis.

Auch auf deutschen Bildschirmen flogen die THUNDERBIRDS ihre waghalsigen Einsätze. Unter anderem waren sie 1971 im 3. Programm des NDR und 1989 im Regionalprogramm des WDR zu sehen. Derweil in Großbritannien bereits Anfang der 70er Jahre der Fanclub Fanderson gegründet wurde, blieb die Gefolgschaft hierzulande äußerst gering. Der Niederländer Theo de Klerk, der zeitweise die Mitgliederkartei des Clubs betreute, schätzte Anfang 1995 die Zahl der eingeschriebenen deutschen Fans auf knapp zehn.