Zu den Acts auf der N-Joy-Bühne beim Turnfest 2012 gehörten Frida Gold. © Harald Keller
Der Luxuslärm ist verstummt, das Konzert der gleichnamigen Band zuende. Vor dem Ausgang drängeln sich die Massen, darunter viele Kinder. Zum Glück brechen nicht alle Besucher gleichzeitig auf, einige verweilen noch an den Getränke- und Imbissbuden. Dennoch steht man dicht an dicht im Osnabrücker Schlossgarten, wo zwischen dem 20. und 23. Juli aus Anlass des 15. Landesturnfestes Niedersachsen an vier Abenden eine Reihe mit kostenlosen Open-Air-Konzerten mit Bands wie Frida Gold und Interpreten wie Cassandra Steen stattfindet. „Eigentlich sieht man doch zu, dass man das Gelände schnellstmöglich leer kriegt“, sagt ein Wachmann am Rande. „So kenne ich das jedenfalls.“
Wer öfters große Rockkonzerte und Open-Air-Veranstaltungen besucht, kennt es auch so: Um am Ende des Abends einen zügigen Abfluss des Publikums zu ermöglichen, werden zusätzliche Ausgänge geöffnet. Nicht so in Osnabrück, obwohl hier die Zuschauerströme problemlos in mehrere Richtungen – den Mensavorplatz, die Ritterstraße, den Wall – abgeleitet werden könnten. Stattdessen wird nur der Eingangsbereich als Ausgang genutzt. Die Besucher quetschen sich durch sechs schmale Gänge einer metallenen Barriere. Die ist sinnvoll, um einen kontrollierten Zugang zu gewährleisten, erweist sich aber beim Verlassen des Festplatzes als Nadelöhr. Generell erscheint das Arrangement heikel – während der Veranstaltung werden ankommende Besucher und solche, die das Gelände verlassen wollen, aufeinander zugeführt. Mehr noch, Absperrungen mit Sichtblenden verengen den Raum zwischen Einlass und Festplatz und kanalisieren den Publikumsstrom, der Weg wird umständlich und ohne Not rechtwinklig um die Ecke geführt, was Ortsfremden und insbesondere auch den jungen Gästen die Orientierung erschwert.
Unübersichtliche Wegführung im Ein- und Ausgangsbereich. © Harald Keller
Auf die Frage eines Besuchers, warum nicht zumindest nach Ende der Konzerte weitere Ausgänge geöffnet werden, antwortet einer der Sicherheitsleute „Wegen Duisburg“. Eine verblüffende Antwort, denn im Juli 2010 kam es bei der Loveparade in Duisburg gerade deswegen zur Katastrophe, weil es nur einen kombinierten Ein- und Ausgang und keine Ausweichmöglichkeiten gab, als die Menge in Panik geriet. In Osnabrück stellt sich die Situation grundsätzlich anders dar. Absperrungen und Sichtblenden können und sollen im Notfall kurzfristig beiseite geräumt werden. Der Pressesprecher des Niedersächsischen Turnerbundes teilt dazu mit: „Das Sicherheitskonzept wurde in enger Abstimmung mit der Stadt und der Polizei entwickelt. Da nur maximal 12.000 Personen auf das Gelände dürfen, ist es rundum abgesperrt. Probleme würde es dann geben, wenn mehr als 12.000 Personen auf das Gelände kämen und eine Panik ausbricht. Es gibt diverse ‚Fluchträume’, und die flexiblen Sichtschutzwände würden dann komplett aufgemacht.“
Selbst bei ‚geordnetem Abzug‘ herrscht am Ausgang drangvolle Enge. © Harald Keller
Wie die Anlage jetzt eingerichtet ist, dürfte es freilich auch dann Probleme geben, wenn unter wenigen Besuchern eine plötzliche Panik ausbricht. Kaum vorstellbar, dass das Sicherheitspersonal die Stellwände tatsächlich schnell genug beiseite räumen kann. Zumal es mit der Kommunikation zu hapern scheint. Am Freitagabend hieß es, es gebe nebenan vor der Mensa, und damit auf einem der potenziellen Fluchtwege, eine „Hauerei“. Ein Trupp Bereitschaftspolizisten setzte sich in Bewegung. Die Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirma hingegen, obwohl näher am Geschehen, wussten nicht, was vor sich ging und schienen auch nicht sonderlich interessiert. Die Sache stellte sich als harmlos heraus. Doch wie schnell könnten die Wach- und Sicherheitsleute reagieren, wenn ein gefährlicher Ernstfall einträte?
Die Möglichkeit, das Gelände zu überfliegen, hatte leider nur die Akrobatin der Luftartistengruppe Dream Engine. © Harald Keller
Gefällt mir Wird geladen …