Kanada wird zur Enterprise

Wie kanadische Quellen berichten, versucht eine ansehnliche Facebook-Gemeinschaft, den 79-jährigen Weltraumveteranen William Shatner zur Bewerbung um das repräsentative Amt des kanadischen Governor General zu bewegen. Dem kann man sich anschließen – vorausgesetzt, Leonard Nimoy wird sein Erster Offizier und David E. Kelley zum offiziellen Redenschreiber ernannt.

Shatners via Twitter verbreitete Antwort war augenscheinlich von jener „Boston Legal“-Episode inspiriert, in welcher der Hobbyangler Denny Crane im Zuge eines Streichs unter Kollegen zum Präsidentschaftskandidaten gekürt werden sollte: „I’m being drafted by various groups to run for Governor General. Would they accept me if I campaign for salmons‘ rights? My best, Bill“.

Kisch hat’s kommen sehen

"The Ghurkin" 2003 kurz vor der Fertigstellung. © Harald Keller

Unheimlich, dieser Egon Erwin Kisch. Zu Lebzeiten berichtete er über einen Besuch in der „Baltic Shipping Exchange“ und schrieb unter anderem: „Von dieser Seitengasse aus wird der Handelsverkehr zwischen den Erdteilen und auf den Meeren geregelt, und wenn das Börsengebäude eines Tages niederbrennen würde, so müßte der Schiffahrtsverkehr – von einem anderen Lokale aus reguliert werden.“

Im April 1992 wurde das von Kisch in seiner Reportage „Shipping Exchange“ so anschaulich beschriebene Gebäude von der IRA in die Luft gejagt. Die Börse zog vorübergehend unter das Dach von Lloyd’s. Heute steht auf dem früheren Grund der „Baltic Exchange“ an der 30 St Mary Axe eines der markantesten Wahrzeichen Londons: Norman Fosters „Gurke“, auch bekannt als Swiss-Re-Tower.

Der Eingangsbereich. © Harald Keller

„Boston Legal“ erklärt sich selbst

Die US-Serie „Boston Legal“ (Vox) neigt sich dem Ende entgegen, und sie wird eine Lücke hinterlassen. Schlafwandlerisch sicher balancierte der Autor und Produzent David E. Kelley zwischen Komik und Tragik, ließ seine Figuren kontradiktorisch das aktuelle politische Geschehen kommentieren und schickte sie ein ums andere Mal über die Metaebene. So auch in der Folge vom vergangenen Montag, als sich zwecks Exposition eines Handlungsstrangs, der den Abtreibungswunsch eines 15-jährigen Mädchens chinesischer Abstammung zum Thema hatte, folgender Dialog entspann:

Denny Crane (William Shatner): „Ich tue immer so, als wäre alles, was ich tue und sage, im Fernsehen und würde in die ganze Welt gesendet. Ist ein kleines Spiel, das ich mit mir selber spiele.“

Alan Shore (James Spader): „Uund …?“

Denny Crane: „Und wer sieht sich eine Sendung über Abtreibung an? Ist kein Vergnügen.“

Alan Shore: „Doch, Denny. Wir beide machen es zu einem.“

Denny Crane: „Das sehe ich nicht so.“

Alan Shore: „Sieh es als Herausforderung an. Denk dir, es ist deine Emmy-Episode.“ (Anmerkung: William Shatner erhielt 2005 einen Emmy für seine schauspielerische Leistung. 2006 bis 2009 war er alljährlich nominiert.)

Denny Crane: „Jaa, aber da ist noch etwas Anderes.“

Alan Shore: „Was denn noch?!“

Denny Crane: „Na ja, sieh sie dir doch an, dieses süße reizende Kind. Wenn wir ihr zu einer Abtreibung verhelfen, dann wird sie auf ewig in der Hölle schmoren.“

Alan Shore: (blickt stumm auf Denny, wendet sich dann zu seiner Klientin) „Wir übernehmen das für Sie.“

Denny Crane: „Und schon zappen sie auf einen anderen Kanal …“

Ein musikalischer Wüstenwind aus Texas

Mit einem mitreißenden Auftritt eröffnete die Tex-Mex-Band Del Castillo das Jazzfest Gronau

Musiker und Publikum gaben ihren Schweiß. Blut und Tränen aber waren nicht zu sehen. Denn die US-Rock-Jazz-Veteranen Blood Sweat & Tears hatten ihr Gastspiel beim Jazzfest Gronau wegen des vulkanbedingten Flugplan-Tohuwabohus kurzfristig absagen müssen. Die als ‚Vorband’ engagierten Del Castillo hingegen waren bereits im Lande und traten auf – und es wurde ihr Abend.

Die Brüder Rick und Mark Castillo und ihre Compadres sehen aus, als seien sie einem Frühwerk des Regisseurs Robert Rodriguez entsprungen. Kein Wunder, dass Rodriguez die Tex-Mex-Band aus dem texanischen Austin für den Soundtrack von „Irgendwann in Mexiko“ buchte. Woraufhin er die Zusammenarbeit sogar noch intensivierte: Mit Rodriguez als Gitarristen und weiteren Musikern sind Del Castillo unter dem Bandnamen Chingon unterwegs – und natürlich auf den Soundtracks von weiteren Filmen, darunter Quentin Tarantinos „Kill Bill: Vol. 2“, zu hören.

Aber auch ohnedies wissen Del Castillo ihren Ruhm zu mehren. Der Ruf einer fantastischen Live-Band eilt ihnen voraus, und dem wurden sie in Gronau mehr als gerecht. Um die 600 Zuschauer hatten sich trotz der Absage der als Haupt-Band vorgesehenen Blood Sweat & Tears zu einem Konzertbesuch entschlossen, und sie dürften es nicht bereut haben. Aus dem Korsett eines „Support Acts“ befreit, tobten Del Castillo wie ein musikalischer Wüstensturm über die Bühne. Die sechsköpfige Band spielt eine feurige Mischung aus elektrifiziertem Flamenco, mexikanischer Folklore nach Art der Mariachi-Ensembles, Latin und Blues. Verwandte Größen sind das Sir Douglas Quintett, Mink de Ville, Los Lobos.

Rick und Mark Castillo blicken auf eine Vergangenheit in Rock- und Metal-Bands zurück und haben sich diese Energie erhalten, auch wenn sie heute Nylon- statt Stahlseiten zupfen. Und manchmal hat es etwas von einem Duell, wenn die Brüder wie im Wettstreit die Finger übers Griffbrett tanzen lassen. Immer wieder gab es Zwischenapplaus für ihre virtuosen Darbietungen und auch für kleine Showeinlagen, bei denen der Mikrofonständer oder auch mal das Bierglas seines Zuschauers für den Slide-Effekt herhalten musste.

Blickfang der Band ist der charismatische Sänger Alex Ruiz, der selbst einem Antonio Banderas die Schau stehlen würde. Er schmeichelt, raunzt, liefert einen bodenständigen Blues oder säuselt verführerisch, unterstreicht die Songtexte mit theatralischen Gesten oder trappelt schnelle Flamenco-Einlagen, wenn er nicht gerade die Damen in den ersten Reihen bezirzt.

Bezogen auf Del Castillo wird der Begriff Spielfreude zum Euphemismus, sie legen pure Spielbegeisterung an den Tag und vermitteln unverfälschtes Vergnügen an ihrer Arbeit, wenn sie unvermittelt in einen Walzer verfallen oder spielerisch den Stones-Klassiker „Sympathy For the Devil“ zitieren. Auch ihre Ansagen zeugen von Entertainer-Qualitäten. Alex Ruiz hatte sich augenscheinlich mit dem Auftrittsort – es war der Saal des Gronauer Rock- und Pop-Museums – bekannt gemacht: einmal kündigte er an, den nächsten Song in das alte Mikrofon von John Lennon singen zu wollen. Der stets freundlich strahlende Bassist Albert Besteiro dichtete bei der Vorstellung der Band einigen Mitgliedern deutsche Städte als Herkunftsorte an und präsentierte den Percussionisten, den Jüngsten im Bunde, als „Gründungsmitglied von New Kids on the Block“.

Auch mit Blick auf die Rahmenbedingungen kann man sagen: Dies war ein Konzert, wie es sein sollte. Keine finster dreinblickenden Wachmänner, keine Absperrungen vor der Bühne, kein Fotografierverbot, eine zugängliche Band. Alex Ruiz konnte problemlos Fans und Freunden in der ersten Reihe die Hand schütteln und gab später noch Autogramme, einer der Gitarristen stieg auch mal von der Bühne herab, Bassist Albert Besteiro scherzte mit den Fotografen.

Das Publikum reagierte begeistert, zur sichtlichen Freude der Musiker, die am Ende eine Zugabe mehr gewährten, als laut Set-Liste vorgesehen war. Diese Band dürfte sich bei ihrem Europaaufenthalt sehr viele Freunde gemacht haben. Demnächst wird man sie wohl in größeren Hallen sehen.

© Harald Keller

© Harald Keller

© Harald Keller

© Harald Keller

Inflationäre Entwicklung

Die „Frankfurter Rundschau“ erhöht zum 1. Mai ihren Bezugspreis und begründet dies in der heutigen Ausgabe unter anderem damit, „die von Ihnen gewohnte Qualität auch weiterhin gewährleisten“ zu wollen.

Keine gute Strategie. Denn die jetzige Qualität möchte man gar nicht gewährleistet wissen. Zum Beispiel: Im Kulturteil der aktuellen Ausgabe wird zum aberhundertsten Male der Name Robert De Niro falsch, nämlich „de Niro“, buchstabiert. Eigentlich sollte man in dieser Liga doch wissen, dass eingeborenen Amerikanern das Tragen eines Adelstitels verboten ist. Weshalb das entsprechende Präfix zum Nachnamen zählt, ergo groß geschrieben wird. Bei einem Beitrag über den geplanten Teilabriss des Stuttgarter Hauptbahnhofs hielt man es nicht für nötig, den Gegenstand des Textes verständnisfördernd ins Bild zu rücken und griff auf ein nichtssagendes Symbolfoto zurück. Leserfreundlich ist das nicht. Die Fotoabteilung aus dem Untergeschoss hilft gerne weiter. Siehe unten.

Auf der Medienseite wird ein Interview mit den Worten eingeführt: „Regisseur Stefan Krohmer und Hauptdarsteller Christoph Bach über Denkmäler und ihre Zertrümmerung (…)“. Genau diesen Ansatz verweigert Krohmer: „Aber es ging mir dabei weder um das eine noch das andere.“ Ist es eigentlich zuviel verlangt, dass Redakteure die von ihnen verantworteten Artikel vorweg gründlich lesen?

Von Grammatik und Orthographie fangen wir mal gar nicht erst an. Seit einiger Zeit beschäftigt die „Frankfurter Rundschau“ einen Redakteur, der Hinweise auf inhaltliche Fehler sammelt und in einer Kolumne auf der Leserbriefseite Richtigstellungen vornimmt. Wäre es nicht eine Überlegung wert, in die Fehlervermeidung zu investieren?

Wenn aber gewisse freie Mitarbeiter Zitate verfälschen und auch sonst zum Erfindungsreichtum neigen und die Redaktion diese Herrschaften trotz entsprechender Hinweise unverbrüchlich weiterbeschäftigt, mag man an den behaupteten Qualitätsanspruch eigentlich nicht mehr so recht glauben.

Einer der zum Abbruch vorgesehenen Seitenflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs. © Harald Keller

Demnächst Baugrube? Bahnhofsnaher Teil des Schlossgartens. © Harald Keller

Sündenregister

Nicht nur die „Bild-Zeitung“, auch andere Blätter vertraten jüngst offen oder unterschwellig die Meinung, ein Vorbestrafter – gemeint ist Menowin Fröhlich – dürfe kein „Superstar“ werden. Das Untergeschoss schließt sich an und ruft zu einer Säuberungsaktion auf. Sollten Sie im Besitz von Tonträgern und/oder Bildaufnahmen der folgenden polizeibekannten Künstler sein, vernichten Sie diese bitte umgehend oder tauschen sie sie gegen Medienprodukte von Florian Silbereisen:

Chuck Berry (Jugendstrafe, Steuerhinterziehung)

James Brown (bewaffneter Raubüberfall)

Johnny Cash (Drogenschmuggel)

Ray Charles (Drogenbesitz)

George Harrison (Verstoß gegen Jugendschutzgesetze, Abschiebung aus Deutschland)

Jimi Hendrix (Autodiebstahl)

Paul McCartney (Abschiebung aus Deutschland wg. angeblicher Brandstiftung, Drogenbesitz)

Jim Morrison (unzüchtiges Verhalten und diverse andere Vergehen)

Die „Bild-Zeitung“ und die Liga für öffentliche Moral und Anstand sagen Dankeschön.

Aus den Provinzpostillen

Krause Gedanken und wüste Grammatik

„Wenn bei einer Großoffensive von 3000 Soldaten, an der nur etwa 100 bis 200 Deutsche Soldaten beteiligt sind, allerdings vier zu Tode kommen, muss sich der verantwortliche Offizier überlegen, was er bei diesem Einsatz falsch geplant hat.“

„Wie die deutsche Anwaltshotline berichtet, hatte ein junger Mann aus dem Lahn-Dill-Kreis gegen die dortige Arge geklagt, weil die von ihm [sic!] für die Tage seiner Haft in einer Jugendarrestanstalt das Arbeitslosengeld streichen wollte. Das Sozialgericht in Hessens achtgrößter Stadt gab ihm Recht. Auch für dieses Recht sind in Afghanistan bisher schon 43 Soldaten gefallen.“

Über Hartz-IV-Empfänger der „zweiten und teilweise dritten Generation“: „Diese Menschen, die klar nur einen kleinen Teil der 6,5 Millionen Hartz IV Empfänger in Deutschland darstellen, vermehren sich aber durch uns alle finanziert.“

„Zur Zeit gebären die Frauen im Verbreitungsgebiet dieser Zeitung durchschnittlich nur zwischen 1,2 und 1,6 Kinder. Nicht nur die Sport-, Angel-, Jagd- und Schützenvereine stellen deutliche Nachwuchsprobleme fest. (…) Was uns noch mehr als der Rückgang der Kopfzahl belasten wird, ist die Tatsache, dass Fähigkeiten nur über Gene vererbbar sind. Diese Gene aber stellen das Kapital dieses Landes dar. Dieser Erfindungsreichtum lässt sich nicht durch Zuwanderung alleine ausgleichen.“

Aus der kostenlos verteilten „Osnabrücker Sonntagszeitung“, Auflage laut eigenen Angaben: 236.237 Exemplare.

Der Wochenspiegel 14.10

Bei Kabel 1 wandern zwei Qualitätsserien  immer tiefer ins Nachtprogramm. Betroffen ist zum einen „Hack – Die Straßen von Philadelphia“ (samstags), eine mit den Charaktermimen David Morse und André Braugher besetzte Serie aus der Feder von David Koepp. Koepp zeichnet als Szenarist für Filme wie „Carlito’s Way“, „Panic Room“ und „Spider Man“ verantwortlich, legte „Hack“ jedoch weit weniger action-lastig an als seine Kinoarbeiten. Als Hauptfigur dient ihm ein früherer Kriminalbeamter, der sich im Dienst an Drogengeld vergriffen hat und nun als Taxifahrer arbeitet. Dabei stößt er immer wieder auf Klienten, die seiner Hilfe bedürfen. Zugleich hadert er mit seinem Entschluss, seinen gleich schuldigen Partner gedeckt zu haben. Während der vermeintlich unbescholten weiterhin im Beruf bleiben konnte und ein harmonisches Eheleben führt, ist Hacks Familie zerbrochen, das Verhältnis zur Ex-Frau und zum kleinen Sohn problembelastet. Ein Grübler, Suchender, Sünder als Protagonist – so eine Serie hat es natürlich nicht leicht zwischen selbstgerechten Egomanen wie Horatio Caine und seinesgleichen.

Auch „Practice – Die Anwälte“ (freitags) fand sich nicht mehr auf dem ausgedruckten Programmplatz. David E. Kelley, der Meister unter den Serienautoren und –produzenten, schuf mit dieser Anwaltsserie ursprünglich einen düsteren Gegenentwurf zu seinen heiteren Serien wie „Ally McBeal“. Bei der nunmehr von Kabel 1 gezeigten achten Staffel änderte sich der Tonfall; sie wurde mit Eintritt der Figur Alan Shore (James Spader) und Gaststars wie Sharon Stone peu á peu zum Vorspiel für „Boston Legal“, das dann wieder die von Kelley gewohnten spritzigen Wortgefechte, aktuellen politischen Bezüge, aberwitzigen Handlungsideen aufwies. Eins haben alle Kelley-Produktionen gemein: ein Herz für Außenseiter. Kelley machte das Tourette-Syndrom bereits bei „L.A. Law“ zum Thema, zu einer Zeit also, als viele Schlauberger noch nicht einmal wussten, wie man das schreibt. So wertvoll kann fiktionales Fernsehen sein.

RTL scheint gerade dem an sich recht schönen Show-Format „Let’s Dance“ den Garaus bereiten wollen. Das Original „Strictly Come Dancing“ stammt aus Großbritannien und gewinnt seinen Reiz aus einer gewissen Noblesse, was Kulisse, Kostüme und Auftreten aller Beteiligten anbelangt. Ursprünglich schien man bei RTL das Erfolgsrezept – das Format wurde in viele Länder verkauft – verstanden zu haben. Doch nun wurde mit Daniel Hartwich ein Komoderator berufen, der scheint’s glaubt, in die Fußstapfen Oliver Pochers treten zu müssen. Pocher hatte 2005 bei ProSieben durch eine einmalige Billigvariante dieser Show mit dem Titel „Das große ProSieben-Tanzturnier“ geführt und dabei ähnlich dümmlich-zotig agiert wie nunmehr auch Hartwich. Unklugerweise lassen sich andere Beteiligte wie der Juror Joachim „the man you love to hate“ Llambi auf dieses Niveau herunterziehen. Nichts gegen Anzüglichkeiten, aber gepflegt müssen sie sein. Und: Gegenstand dieser Tanz-Show ist es, Bewegungen und Bewegungsabläufe zu bewerten. Der Zuschauer kann daran kaum teilhaben, wenn die Tanzeinlagen in winzige Einheiten zerlegt werden. Hier sind keine Videoclip-Schnittfrequenzen im Schnellfeuerstil, sondern lange Einstellungen gefragt. Der RTL-Unterhaltungschef sollte dringend einige Mitwirkende zur Dienstbesprechung laden.

Immer noch sensationell: „Battlestar Galactica“, mittwochs im Programm von RTL II. Diese Neuauflage der klassischen Space-Opera aus den 70ern überragt das Original bei weitem. Hier lernt man mindestens so viel über Politik, Philosophie und Religion wie bei „Scobel“ und im „ZDF-nachtstudio“, nur wird der Stoff ungleich attraktiver und spannender aufbereitet. Ganz großes Fernsehen.

Es ist ja schön, dass das ZDF mit der Serie „Klimawechsel“ langsam wieder zu einem frecheren Tonfall findet, der dort einstens in Reihen wie „Express“ und „Notizen aus der Provinz“ durchaus ein Zuhause hatte. Und doch handelt es sich um reinstes Oberschichtenfernsehen über bevorteilte Menschen mit Luxusproblemen. Erwartbar, dass eine Kritikerkaste daran Gefallen findet, die sich gegenüber Minderprivilegierten bestenfalls paternalistisch, schlimmstenfalls grob abwertend äußert. Seltsam auch, dass nirgendwo die grässlich sterile Bildästhetik dieser Serie moniert wurde. Als der SFB seinerzeit ein paar „Tatort“-Folgen in diesem Stil drehen ließ, hagelte es Schimpfe von allen Seiten.