Klein gehackt und doch empfehlenswert

Am Montag, 31.5., zeigt Arte zu der absurden Sendezeit um 16.50 Uhr die preisgekrönte britische Dokumentation „Afghan Star“. Nicht nur wurde der sehenswerte Film über die afghanische Variante von „Pop Idol“, das wir als „Deutschland sucht den Superstar“ kennen, im Abseits platziert, sondern auch noch um erhebliche 38 Minuten gekürzt. Es fehlt unter anderem ausgerechnet jene Passage, die den afghanischen Moderator Daoud Sediqi veranlasste, nach der Aufführung von „Afghan Star“ beim Sundance Festival nicht in sein Heimatland zurückzukehren. Im Überschwang des ersten Erfolges nämlich hatte sich Sediqi, wie unter anderem hier auch schon berichtet wurde,  zu der Aussage verleiten lassen, die Taliban seien am Ende. Ein naiver Standpunkt wie er später einräumen musste. Inzwischen arbeitet Sediqi in den USA als Talkshow-Moderator  für den afghanischen Auslandsdienst von Voice of America.

Trotz der unentschuldbaren Eingriffe von Seiten Artes, die laut Senderauskunft der Anpassung an den Programmplatz geschuldet sind, soll hier eine Empfehlung ausgesprochen werden. Was nämlich bei uns als Fernsehangebot der niedersten Art gilt, wird in Afghanistan als Mittel zur Versöhnung und als Einübung in die demokratische Praxis aufgefasst. Manchmal ist so ein Perspektivenwechsel sehr erhellend, wird aber in solchen Köpfen wieder wenig ausrichten, denen wir Tiraden wie diese verdanken …

Vergessenes Debüt

Vor Jahren investierten die öffentlich-rechtlichen Anstalten noch gelegentlich in die programmhistorische Ausbildung ihres Nachwuchses, aber das ist, euphemistisch gesprochen, weniger geworden. Das merkte man einmal mehr, als „tagesschau.de“ anlässlich des Todes der Sängerin und Moderatorin Anneliese Rothenberger u. a. vermeldete: „Anfang der 70er-Jahre ging Rothenberger zum Fernsehen. In der ZDF-Sendung ‚Anneliese Rothenberger gibt sich die Ehre’ empfing sie Stars wie Placido Domingo und Harald Juhnke.“

Tatsächlich ging Anneliese Rothenberger schon sehr viel früher zum deutschen Fernsehen, zur einzig damals existierenden Anstalt: der ARD. Am 22. Februar 1954 sang sie die Rolle des Lehrlings in der vielbeachteten Ballett-Übertragung „Der Zauberlehrling“, zu der der heimgekehrte Exilant und Oscar-Preisträger Hein Heckroth das Szenenbild beisteuerte. Der britische Regisseur Michael Powell erstellte eine Filmfassung dieser TV-Inszenierung.

Vor die Kamera geholt wurde Rothenberger vom westdeutschen „Talent-Scout“ Peter Frankenfeld:

Sterne und Sternchen am Schlagerhimmel

Peter Frankenfeld stellt vor: Anneliese Rothenberger, Lale Andersen, Peter Anders, Bruce Low, Four Pops und neue Talente. Es spielen: Das Hamburger Rundfunkorchester unter Leitung von Wilhelm Stephan und das Tanzorchster Kurt Edelhagen. An der Hammond-Orgel: Gerhard Gregor. Übertragung einer öffentlichen Veranstaltung in der Musikhalle, Hamburg.“

Nicht der einzige TV-Abstecher der Sopranistin – im Jahr 1954 war sie beinahe Stammgast in den noch wenigen deutschen Fernsehstuben. Und damit so etwas wie ein früher deutscher Fernseh-Star. In der ARD. Die davon offensichtlich nicht weiß. Zu dumm.

Max Aust als Hexenmeister, Sonia Arova als Zauberlehrling.

Max Aust als Hexenmeister, Sonia Arova als Zauberlehrling. TV-Regie: Herbert Junkers.

Aus den Provinzpostillen II

Aus der kostenlosen „Osnabrücker Sonntagszeitung“ (Auflage: 236.237 Exemplare), 23. Mai 2010, S. 7:

„Etwa 3,5 Millionen Muslime leben derzeit in Deutschland. (…) Sicher sind die 3,5 Millionen nicht zu vernachlässigen. Ob man ihnen solch eine Beachtung schenken sollte, dass alleine in Osnabrück fünf Moscheen existieren ist wohl eine berechtigte Frage. Vielleicht sollten wir die Gäste in unserem Land auch einmal daran erinnern, dass es eben unser Land ist in dem sie als Gäste gerne leben dürfen.“

Denkbar, dass an manch einem Stammtisch bereits darüber nachgedacht wird, wie diese Mahnung an unsere Gäste denn wohl in die Tat umgesetzt werden könnte …

Gleich neben dem zitierten Text übrigens findet sich eine Anzeige für die Veranstaltung „Afrika in Osnabrück“. Man kann dem Herausgeber jedenfalls nicht vorwerfen, dass er sich zum Büttel seiner Werbekunden macht.

Wenn die Meyer-Landrut durch den Gaumen geht

Augenscheinlich ist der taz- und Allerwelts-Autor Jan Feddersen, auch bekannt als The Godfather of Stilblüte, nicht bereit, sich von jungen Emporkömmlingen die Butter vom Brot schaben zu lassen. In seinem vom Norddeutschen Rundfunk als Drahtzieher verantworteten „Grand-Prix-Blog“ zeigt er allen Grünschnäbeln, die ihm den Rang als Wortverdreher erster Ordnung streitig machen wollen, was sich sprachlich alles aus- und anrichten lässt. Schon im Vorspann schwingt er den ganz großen Hammer: „Sonntag ist es so weit. Dann trudeln in Oslo die Länder des ersten Halbfinals ein: Was für eine zeitliche Strecke!“

Ganze Länder machen sich in Oslo breit? Au weia, das wird eng. Auch zeitlich irgendwie. Wir verstehen. Relativitätstheorie – der Mann hat seinen Einstein gelesen.

Dürfen wir eine Anspielung auf Feddersens Vornamensvetter und schärfsten Konkurrenten um die Krone Ballhorns vermuten, wenn er schreibt: „Seit Freitag [sic!], seit ihre erste CD, Titel: “My Cassette Player”, auf dem Markt ist, heißt Lena Meyer-Landrut nur noch Lena. Der internationaler [sic!] Sache wegen. Lena lässt sich von aserbaidschanischen Fans, von portugiesischen Televotern und von kroatischen Männern und Frauen leichter aussprechen.“

Doch wie verhält es sich mit kroatischen Fans, aserbaidschanischen Televotern und portugiesischen Männern und Frauen? Bzw. portugiesischen Fans, kroatischen Televotern und aserbaidschanischen Männern und Frauen? Sind aserbaidschanische Fans und portugiesische Televoter Hermaphroditen? Was ist mit dem ruchlos unterschlagenen Rest der Eurovisionsländer? Bringen deren Insassen „Meyer-Landrut“ flüssig und fehlerfrei über die Lippen? Da hat sich Feddersen wohl Stoff für ein halbes Dutzend ähnlich sinnfreier Blog-Texte bereit gelegt.

Platz eins der Stilblütenparade aber gebührt dieser geschmeidigen Konstruktion: „Nicht auszudenken, dass sie sagen, nee, die kann ich nicht wählen, Meyer-Landrut geht einfach nicht flüssig durch meinen Gaumen!“ Ob flüssig oder nicht, sollte Meyer-Landrut irgendwem durch den Gaumen gehen, wird es verdammt hässliche Bilder geben.

Die in Presse und Web-Publizistik verbreitete Einschätzung von der brav-bürgerlichen, jeglichem Mediengetöse im tiefsten Grunde ihres reinen Herzens abholden, angeblich kompromisslos authentischen Hannoveraner Unschuld namens Lena Meyer-Landrut hat sich ja nun als Mär erwiesen. Dennoch halten viele Skribenten und vorneweg Jan Feddersen verzweifelt am einmal gewonnenen Bild fest: „Lena hat offenbar die nötige, erfrischende Modernität, die Spießbürger wie verklemmte Idioten aussehen lässt. Erstaunlich. Und: prima!“

Erstaunlich ist da eher das mangelnde Reflexionsvermögen. Und prima wäre es, wenn auch die bürgerlichen Feuilletons ihre Verklemmtheiten ablegten. Denn jene, die heuer Lena Meyer-Landrut so wie vor einigen Jahren auch die Schauspielerin Sibel Kekilli gegen die lachhaften ‚Enthüllungen‘ der „Bild-Zeitung“ in Schutz nehmen, äußerten sich vergleichbar unappetitlich, nämlich hämisch und herabsetzend, als die längst im seriösen Fach tätige Schauspielerin Michaela Schaffrath, die gleich wie Sibel Kekilli auf eine kurze Porno-Karriere zurückblickt, bei der RTL-Show „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ mitwirkte. Die in Sachen Meyer-Landrut vorgebrachten Ansichten wären ja um einiges überzeugender, wenn sie für alle und jeden gölten und nicht nur für einige ausgewählte Medien-Darlings.

Dieses Pharisäertum freilich meint Jan Feddersen nicht, wenn er schreibt: „Ein Haar in der Suppe will ich doch noch fischen.“ Petri heil dem Hobbyangler! Jedenfalls fordert Feddersen seine Leserschaft frömmlerisch auf, für Lena zu beten – „und zwar, ernst gemeint, für den Fall, dass sie nicht gut punktet in Oslo.“

Ein spontanes Stoßgebet begleitete auch die Lektüre des zitierten Textes. Aber die Fürbitte galt nicht Lena. Es gibt andere, die göttliche  Zuwendung fürwahr nötiger haben.

Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie schreiben.

Bekannte Motive, ungewohnte Inhalte

Hannelore Hoger und Rainer  in einem Afrika-Melodram der anderen Art

Anfangs wähnt man sich in einer Afrika-Schnulze der Marke Degeto: Die in Hamburg arbeitende namhafte Gehirnforscherin Ella (Hannelore Hoger) erhält in ihrem Labor einen Anruf, der sie ins heimatliche Südafrika ruft: Ihre Schwester Hilde ist verstorben. Die nächsten Szenen folgen einem bekannten Muster. Ella und Hilde sind auf einer idyllisch gelegenen, mittlerweile heruntergekommenen Teefarm aufgewachsen. Die muss zunächst vor dem Bankrott bewahrt werden. Dann gibt es allerhand unbewältigte Dinge aus der Vergangenheit aufzuarbeiten. Und flugs ist auch ein alter Freund und Verehrer zur Stelle, der es noch immer auf Ella abgesehen hat. Gespielt wird dieser Jack von Rolf Lassgård. Eine schnurrige Konstellation: der hünenhafte „Wallander“-Mime buhlt um die „Bella Block“-Darstellerin Hannelore Hoger.

Die Kunstfiguren Bella und Ella sind sich durchaus ähnlich. Anfangs hat es glattweg den Anschein, als gebe Hoger einmal mehr die Dame reiferen Alters, die aus einschlägigen Lebenserfahrungen heraus zur misanthropischen Matrone geworden ist. Und ihr entschlüpfen Sätze, die man in Degeto-Filmen denn doch eher selten hört. Beim Blick über die im Abendlicht liegende afrikanische Steppe mault Ella: „Ich hatte vergessen, wie scheußlich es hier ist.“

Eigentlich meint sie gar nicht die Landschaft, sondern die rassistische Gesinnung eines Verwandten, der unter dem Apartheids-Regime als Polizist tätig war. Langsam tastet sich Drehbuchautorin Stefanie Sycholt, die in Südafrika geboren wurde und dort aufwuchs, zum Kern ihrer Geschichte vor. Einige Rückblenden deuteten es schon an: Seit je ist Ella jeglicher Rassismus fremd. Als Halbwüchsige – die junge Ella wird von Amelie Kiefer gespielt – bewegte sie sich in einer Gruppe von schwarzen und weißen Jugendlichen – und sie unterhielt eine intime Beziehung zu Ben (Chumani Pan), einem Schwarzen.

Zu Zeiten der Apartheid eine verbotene und damit gefährliche Liebschaft. Ben, der auch politisch tätig war, wurde denunziert und verhaftet. Ella, von ihm schwanger, musste das Kind auf Druck ihrer Eltern heimlich in einer Höhle zur Welt bringen und gleich nach der Geburt weggeben.

Regisseur Rainer Kaufmann, für Filme wie „Marias letzte Reise“ preisgekrönt, belegt sehr anschaulich, dass man die Nachfrage nach Melodramen bedienen und dabei zugleich zeitkritische Themen aufgreifen kann. Die emotionale Ansprache des Publikums mag nicht jedermanns Geschmack entsprechen, erfüllt aber einen erzählerischen und inhaltlichen Zweck.

Und noch einen Unterschied gibt es zur gängigen Dutzendware: Hannelore Hoger zeigt hier, und zwar bewundernswert uneitel, dass sie doch mehr kann als patzig maulend über Hamburger Verbrechensschauplätze zu trappsen.

„Ellas Geheimnis“, Montag, 17.5., ZDF, 20.15 Uhr

Strafversetzt nach Monreal

Ein SWR-Krimi macht die Eifel zum Schauplatz des Verbrechens

Im ersten Bild steht Hauptkommissar Killmer auf einem Parkdeck hoch über Frankfurt. Offensichtlich hat sich der Undercover-Ermittler von amerikanischen Kollegen einiges abgeguckt. Die schnittige Sonnenbrille zum Beispiel und die lässige Art, wie er einen Geldkoffer auf dem Kofferraum seines Wagens deponiert. Es gilt, ein Drogengeschäft abzuwickeln. Zwar hat Killmer ruckzuck einen Pistolenlauf an der Schläfe, löst die brenzlige Situation aber kühlen Mutes und mit einem flotten Spruch.

Von den Kollegen der Abteilung gab es Beifall für die gelungene Aktion, vom Chef eine Ermahnung. Und wenig später die Strafversetzung nach Monreal. Nicht nach Montreal, wie Killmers Partner voreilig jubelt, sondern in ein kleines Eifel-Nest, dessen Ortspolizistin mangels Auslastung gerade den Wechsel nach Stuttgart beantragt hat. Kaum aber hat der abgebrühte Großstadt-Cop Killmer sich gehörig unbeliebt gemacht und sein Quartier bezogen, ereignet sich auch schon ein Mord nebst Brandstiftung. Das ungleiche Paar beginnt mit seiner Arbeit, die verläuft, wie man das so kennt: Die beiden fauchen sich an, sparen nicht mit wechselseitigen Sticheleien, lernen aber auch voneinander und retten jeder dem anderen einmal das Leben.

Der Trend zum Regionalkrimi setzt sich also fort: 2009 verfilmte der Bayerische Rundfunk mit „Erntedank“ einen der im Allgäu angesiedelten populären Kluftinger-Romane von Volker Klüpfel und Michael Kobr; der SWR macht nun mit namhaftem Personal wie Regisseur Hajo Gies, Komponist Klaus Doldinger und den Schauspielern Uwe Ochsenknecht und Diana Amft die Eifel zum Tatort. Beide Filme gelangten nicht ins Erste, sondern blieben den Landeskanälen vorbehalten, die auch auf dem Gebiet der fiktionalen Unterhaltung die Regionalisierung vorantreiben.

Darin liegt denn auch die Stärke dieses Films, dessen Autor Uwe Kossmann das Genre wahrlich nicht neu erfindet. Die Landschaft, das schmucke Fachwerkstädtchen Monreal, auch die kauzigen Charaktere machen den Reiz dieses ansonsten bieder angelegten Kriminalfilms aus. Die Hauptdarsteller hingegen liefern bewährtes Repertoire. Uwe Ochsenknecht scheint sichtbar unterfordert, Diana Amft tauschte nur den Ärztekittel aus „Doctor’s Diary“ gegen die Polizeiuniform. Hier wie da gibt sie die an sich versierte, aber ihrer selbst nicht sichere berufstätige Frau, die sich durch ihre Emotionalität gegenüber ihren männlichen Kollegen immer wieder in Verlegenheit bringt. Kein sehr schmeichelhaftes Frauenbild, aber typisch für deutsche Dramedys. So wie die plumpen Namenswitze: Bei „Doctor’s Diary“ spielt Amft ein „Gretchen Haase“, im SWR eine „Kati Biver“. Nebenbei: Die Konsultation eines Kieferorthopäden – wir erinnern uns an Tom Cruise – könnte der Schauspielerin unter Umständen helfen, sich solche Zumutungen künftig zu ersparen.

Am Ende werden sich die beiden Helden zusammengerauft haben, und das Ende ihrer beruflichen Liaison erfährt einen Aufschub. Denn in Monreal scheint endgültig das Verbrechen eingekehrt. Vielleicht wird man demnächst mehr davon erfahren. Womöglich sogar im Ersten Programm.

„Der Bulle und das Landei“, Montag, 10.5., SWR/SR, 20.15 Uhr

Lenas Jugendsünde

Nie hätte man gedacht, dass man Oliver Pocher mal eine Erkenntnis verdanken würde. Ist aber passiert. In der Sendung vom 30.4. zeigte der strauchelnde Humorist einen älteren Ausschnitt aus der Sat.1-Laienspielserie „K 11 – Kommissare im Einsatz“. Zu den dilettierenden Mitwirkenden gehörte die damals noch unbekannte, mittlerweile zur Grand-Prix-Hoffnung aufgestiegene Lena Meyer-Landrut. Beinhart recherchierte Informationen über einen gar barbusigen Auftritt der Schauspielelevin finden sich hier. Alles kein Drama. Nur werden einige Chronisten, die eine scharfe Grenze zogen zwischen den – oft verächtlich gemachten – Reality-Show-Nomaden und der als bürgerlich eingestuften, Haltung und Handwerk angeblich hoch schätzenden Lena Meyer-Landrut ihre Ressentiments noch mal überdenken müssen …

Verlorene Illusionen und andere zeitlose Themen

Ein gutes Stück abseits der Hauptsendezeit, nämlich am sonntäglichen Mittag, finden sich bei ProSieben mit „Gossip Girl“ und „Greek“ zwei US-amerikanische Serien, die auf je unterschiedliche Weise von literarischem Hintergrundwissen zeugen. „Gossip Girl“ erzählt von verwöhnten und verdorbenen Jugendlichen vorwiegend aus der New Yorker Oberschicht und zeigt sich dabei der Manier verwandt, in der Balzac – beispielsweise in „Verlorene Illusionen“ – oder Choderlos de Laclos von den Drangsalen der Jugend ihrer Zeit erzählten. Besonders des letzteren Erfolgsroman „Gefährliche Liebschaften“ scheint immer wieder an, der 1999 mit dem Kinofilm „Cruel Intentions“ (dt. „Eiskalte Engel“) bereits eine Modernisierung erfuhr.

„Greek“ dagegen beschreibt in tragikomischer Form die hierarchischen Strukturen des Verbindungssystems an US-amerikanischen Hochschulen, das sich auch Tom Wolfe in seinem 2004 erschienenen Roman „Charlotte Simmons“ vorgenommen hatte – des großen Mannes bislang leider schlechtester Roman, weil er mittlerweile, wie schon einige kurze Arbeiten in „Hooking Up“ befürchten ließen, zu zornigem Moralisieren neigt, wo er früher scharf beobachtete und brillant formulierte und vielleicht noch klug analysierte, aber nie mit vorgefertigten Meinungen hausieren ging. „Greek“, sicher nicht die wert- und gehaltvollste aller Serien, unternimmt doch immerhin den heiter präsentierten, aber ernsthaft angelegten Versuch einer kleinen Soziologie des Campus-Lebens und zeigt sich darin offener und vielfältiger als Wolfe und nicht zuletzt gut informiert.

Manche Dialogzeilen verdienen es, aufgeschrieben und mehrfach gelesen zu werden. So die traurige Erkenntnis der Serienfigur Rusty Cartwright (Jacob Zachar): „Die Uni ist nicht zum Lernen da. Sie ist ein Vierjahreskurs im Sichdurchmogeln und Lernen, wie man das System schlägt. (…) Es sollte so etwas wie die letzte Bastion der Bildung sein. Ein Ort, abgeschottet von der Öffentlichkeit, der inspiriert. Und nicht entmutigt.“

Den Befürwortern des Bologna-Prozesses sei’s geklagt oder besser noch kräftig um die Ohren gehauen.

Apropos, hier noch ein Bonushäppchen für die Freunde nutzlosen Wissens: Spencer Grammer, die Darstellerin der Casey Cartwright, ist die Tochter von Sitcom-Star Kelsey Grammer („Frasier“).