Eine rührend naive Bemerkung fand sich kürzlich auf faz.net. Claudia Reinhard berichtet über die Serienauswahl der diesjährigen Berliner Filmfestspiele und stellt fest, dass der „Trend zur Mini-Serie“ vor allem dort bestehe, „wo die künstlerische Vision im Vordergrund steht, wo die Kreativen die Zügel in der Hand haben und die monetäre Auswertung nicht das oberste Ziel ist. ‚Arthouse’ hätte man das früher genannt, heute spricht man von Produktionen für ‚Nischen’, die dann aber immer öfter doch das große Publikum erreichen, wie der Erfolg von ‚Stranger Things’ oder ‚Das Damengambit’ zeigt.“
Diese – in einer wirtschaftsnahen Zeitung schon doppelt verwunderliche – Vorstellung geistert bereits geraume Zeit durch die Feuilletons. Demzufolge haben in einer vermeintlich gründlich umgestalteten Produktionslandschaft „die Kreativen“ das Heft übernommen. Kaufleute und Buchhalter agieren nur noch als willige Erfüllungsgehilfen.
In der Realität gilt das weder fürs Arthouse-Kino noch für Mini- oder andere Serien. Wer je hinter die Kulissen eines sogenannten „Arthouse-Kinos“ blicken durfte, weiß, wie hier das Geld die Entscheidungen bestimmt. Nicht anders in den diversen Unternehmen, die das Produkt Film herstellen und vermarkten. Im Serienbereich schaue man sich an, wie schnell Produktionen beendet und / oder aus dem Programm geworfen werden, wenn sie die ökonomischen Erwartungen nicht erfüllen. Siehe beim Marktführer Netflix zum Beispiel „Sense8“ der Wachowski-Schwestern, „Marco Polo“ oder auch „Skylines“. Zur Amortisation trägt übrigens auch die Schleichwerbung bei. Ein Paradebeispiel liefert die Netflix-Serie „Ragnarök“.
Und die leitenden Produzenten, vulgo Showrunner, sind mitnichten unangreifbar, sondern abhängige Dienstleister auf einem Schleudersitz. Frank Darabont, Schöpfer, Regisseur und anfangs Showrunner des Serienerfolgs „The Walking Dead“, wurde nach anderthalb Staffeln entlassen und musste seine finanziellen Ansprüche auf dem Rechtsweg einfordern. Donald P. Bellisario verlor 2007 den Job als Showrunner bei der von ihm kreierten Serie „Navy CIS“. Über den Serienableger „Navy CIS: L. A.“ kam es auch hier zu einem Rechtstreit.
Der korrekte Begriff für Filme, bei denen „die monetäre Auswertung nicht das oberste Ziel ist“, lautet nicht „Arthouse“-, sondern Amateurfilm.