Stilbewusst + schlagfertig + sophisticated = Steed

Zum Abschied von Patrick Macnee ein Auszug aus „Kultserien und ihre Stars“ (1996):

Ob Catsuits, Leggins oder kniehohe Stiefel – nahezu alle modischen Verstiegenheiten der Neunziger scheinen inspiriert von den Kostümen einer der besten aller Fernsehserien, die je transmittiert wurden: THE AVENGERS, in Deutschland bekannt unter dem gern und oft variierten, sogar von einem US-Fanzine übernommenen Titel MIT SCHIRM, CHARME UND MELONE. Die praktische Nahkampfkleidung, eine wahre Augenweide für Lederfetischisten, geht zurück auf den Modeschöpfer Michael Whittaker. Er entwarf die Garderobe für Cathy Gale, John Steeds erste Partnerin. Deren Darstellerin Honor Blackman war Kradmelderin gewesen, konnte mit Waffen umgehen und benötigte als geübte Judosportlerin kein Double, um ihre Widersacher auf den Boden der Tatsachen zu zwingen. Sie sah in der Figur der Cathy Gale die »erste Feministin in einer Fernsehserie, die erste Frau, die zurückschlägt«. Seit 1962 bildete sie ein Team mit Patrick Macnee, der zunächst an der Seite des ursprünglichen Hauptdarstellers Ian Hendry gegen kriminelle Elemente unterschiedlichster Couleur vorgegangen war. Beide Herren trugen zumeist ordinären Trenchcoat. Erst nach Ian Hendrys Ausscheiden entwickelten die AVENGERS-Autoren jene Charakteristika, die die Serie zum Kultobjekt erhoben und am trefflichsten mit dem angelsächsischen Begriff sophisticated beschrieben sind: skurrile Plots, exzentrische Figuren und immer wieder Bösewichte der Megaklasse, die zumeist nichts Geringeres als die Weltherrschaft anstrebten. Unvergessen ist der von Christopher Lee gespielte mordende Roboter, immer noch präsent sind die kratzbürstigen Killerkatzen, der nebulöse Unsichtbare und die ziemlich abgehobenen Venusianer.

Honor Blackman verließ 1964 die Produktion, um sich ihrer Filmkarriere zu widmen – sie spielte unter anderem die Pussy Galore in dem James-Bond-Abenteuer GOLDFINGER (GB 1964) –, und machte damit Pläne für einen aufwendigen AVENGERS-Kinofilm sowie eine Musicalversion zunichte. Die Produzenten taten sich sehr schwer, eine Darstellerin zu finden, die dem Namen der neuen Serienfigur Emma Peel – eine Paraphrase auf man appeal – gerecht zu werden vermochte. Durch Zufall wurde man auf die 28jährige Diana Rigg aufmerksam, eine Theaterschauspielerin aus den Reihen der Royal Shakespeare Company. Sie harmonierte glänzend mit Patrick Macnee – die optisch so gegensätzlichen Figuren, der distinguierte, scheinbar alterslose Eton-Absolvent John Steed und die geschmeidige Karatelady Emma Peel, formierten sich zum Traumpaar, auch hinter der Kamera, denn die berühmten tongue-in-cheek-Dialoge schrieben sich die beiden Darsteller mit Einwilligung der Serienautoren großenteils selbst. Die Zwiegespräche des ungleichen Gespanns waren ebenso maßgeschneidert wie Steeds elegante Anzüge; sie machten den besonderen Reiz der Serie aus und wurden von Kritikern mit den pointierten Wortgefechten Myrna Loys und William Powells in den DÜNNER-MANN-Filmen verglichen.

Der 1922 geborene Patrick Macnee hatte ursprünglich gezögert, den Part des John Steed anzunehmen. Er konnte bereits auf eine ansehnliche Filmographie zurückblicken, darunter einige Hollywood-Western. Zurück in England, wechselte er das Metier und betätigte sich als Produzent. Für das Fernsehen erstellte er eine Dokumentarserie nach den Memoiren Winston Churchills. Zwar reizte ihn das Angebot, neben Ian Hendry die zweite Nebenrolle in einer Krimiserie zu übernehmen. Andererseits hätte sich das Engagement aber kaum mit seiner neuen Profession in Einklang bringen lassen. Macnee ließ das Schicksal entscheiden: Er verlangte eine für damalige Verhältnisse unverschämt hohe Gage. Zu seiner grenzenlosen Verwunderung wurde sie ihm gewährt. Im weiteren zeigte sich, daß er in seiner neuen Dauerstellung die schauspielerische Arbeit mit der inhaltlichen verbinden konnte. So gehen der noble Gentleman-Look – die Ausführung oblag Pierre Cardin – und der kultivierte Habitus des stilbewußten John Steed maßgeblich auf Macnees Vorschläge zurück.

Steeds neue Begleiterin hatte weichere Gesichtszüge als die etwas herbe Cathy Gale und konnte sehr charmant sein, aber das war Camouflage – per Handkantenschlag wurden ganze Gesichtszüge komplett neu formatiert, sofern sich deren Inhaber tätlicher Angriffe nicht enthalten mochten. Emmas von John Bates kreierte Kleidung verwies auf den Cathy-Gale-Stil, war aber mit ihren körperbetonenden Schnitten deutlich moderner. Von vornherein plante man den Engrosverkauf der AVENGERS-Kollektion, die erstmals im August 1965 im Rahmen einer Modenschau der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Ab 1967 wurde die Serie in Farbe gedreht; aus diesem Anlaß bekam Emma ein neues, feminineres Outfit, für das Alan Hughes verantwortlich zeichnete.

Nach der fünften Staffel reichte auch Diana Rigg 1968 ihren Abschied ein. Ihr letzter Auftritt wurde mit einer zweiteiligen Episode und einer auch kalte Herzen anrührenden Abschiedsszene gleichsam zelebriert – Emmas letzte Worte an Steed lauteten im Original: »Always keep your bowler on in times of stress and watch out for diabolical masterminds.«

Farewell, Mr. Macnee. Thank you for the pleasure.

Roboterjournalismus

Jetzt ist es wohl soweit. Bei der Nachrichtenagentur dpa werden die Texte nunmehr von Robotern verantwortet. Wie anders wäre ein Beitrag vom 16. Juni zu erklären, der in vielerlei Medien, etwa von Süddeutsche.de, augenscheinlich ungeprüft übernommen wurde? Dort heißt es unter anderem: „Das deutsche Fernsehen lebt von amerikanischen Serien, deren Qualität von peinlich bis exzellent reicht, aber eine deutsche Serie hat es noch nie ins gelobte Land des Fernsehens geschafft.“ Der Satz zielt auf „Deutschland 83“, eine RTL-Produktion, die – da haben die beteiligten PR-Strategen ganze Arbeit geleistet – bereits umfassend in den Feuilletons vertreten war und allerlei Rumoren veranlasste, ehe auch nur der erste Trailer über die Mattscheibe geflimmert ist.

Was an dieser Aussage falsch ist, verrät die „Medienkorrespondenz“ unter http://www.medienkorrespondenz.de/ansichten-sachen/artikel/fernsehserientexte-von-dpa-oder-wir-sind-dienbsproboter.html

Belinda mit den Röntgenhänden

Belinda, Mutti und der Neue. Foto: ARD/Ralph Baiker

Belinda, Mutti und der Neue (v.l.n.r.). Foto: ARD/Ralph Baiker

Bei den Dreharbeiten zur Erfolgsserie „Mord mit Aussicht“ musste das Bergische Land gelegentlich als Double für die benachbarte Eifel herhalten, nun wird es selbst zum Schauplatz. Im dortigen fiktiven Oberbreitbach betätigt sich Belinda Mommsen (Cordula Stratmann) als Tierheilpraktikerin. Wo andere Ärzte ihre Patienten in ein MRT-Gerät schieben, nimmt Mommsen den erkrankten Leib einfach zwischen ihre Handflächen und weiß bald um die Ursache des Leidens. Das klappt auch bei Menschen, aber Abstecher in die Humanmedizin wurden Mommsen vom Ordnungsamt in Gestalt ihrer Erzfeindin Edith Merkes (Sabine Lorenz) strikt verboten. „Kühe ja, Besitzer nein,“ erklärt Mommsen, als Bauer Ferdi nach der erfolgreichen Behandlung seines Vierbeiners auch noch um einen Rat in eigener Sache bittet. Aber inoffiziell lässt sich natürlich schon das eine oder andere machen …

Weitere Inhalte und Hintergründe über mysteriöse Gesichterwechsel unter http://www.tittelbach.tv/programm/serie/artikel-3726.html

Der Gottesleugner aus dem Bürgerkanal

Am Tag der Ausstrahlung dieses Dokumentarfilms wird im texanischen Austin, wie jeden Sonntag, mutmaßlich wieder eine Ausgabe der Sendereihe „The Atheist Experience“ zu sehen sein. Es handelt sich dabei um eine Talkshow der einfachsten Ausführung, gesendet über das Kabelnetz im dortigen Bürgerkanal Channel Austin. Dessen Motto lautet: „Create community through media“ („Durch Medien Gemeinschaft stiften“). Zwei Gastgeber an einem Pult, die Gesprächspartner am Telefon, das ist alles, was bei „The Atheist Experience“ formal geboten wird. Es gibt keine Einspieler, keine Studiogäste, keine Showeinlagen. Nur eine Handvoll Besucher jenseits der Kameras sind dabei. Nicht mit aufwendigen Inszenierungen, sondern mit ihren Themen hat die Sendung einen erheblichen Bekanntheitsgrad erlangt. Über das Internet ist sie weltweit zu sehen; die Anrufe kommen nicht nur von texanischen Zuschauern, sondern aus den gesamten USA.

Bitte weiterlesen unter http://www.medienkorrespondenz.de/fernsehen/artikel/ralf-buecheler-mission-control-texas-3sat.html.

Die Ware Wahrheit

Sagt es eventuell etwas über den Zustand der heutigen Journalisterei aus, wenn die dpa in einer Pressemitteilung zu Steven Spielbergs kommendem Kinospektakel „Bridge of Spies – Der Unterhändler“ betont, dieser beruhe auf „wahren Tatsachen“? Denn offenbar kennt man bei der Nachrichtenagentur und ihren Kunden auch unwahre Tatsachen. Das gibt zu denken. Weitere Belege hier, hier und in diversen Printprodukten.

Von Häme und Heizmitteln

„Sorglos“ ist noch die höflichste Form, wenn man die Auseinandersetzung deutscher Feuilletons mit erzählenden Fernsehserien beschreiben möchte. Ein Beispiel liefert aktuell wieder einmal „sueddeutsche.de“. Die Web-Seite unterrichtet ihre Leser: „Wer will bei dieser Hitze schon fernsehen? Drinnen sitzen, in die Röhre starren? Wohl die wenigsten. In Amerika gibt es sogar eine hämische Bezeichnung für Serien, die im Juni-Juli-August-Programm buchstäblich verheizt werden: summer replacements, die Sommer-Platzhalter.“ Und sie rechnet die in Deutschland gerade bei Sixx angelaufene Spielberg-Produktion „Extant“ (freitags, 20:15 Uhr) gleich mal dazu.

Der Begriff „mid-season replacement“ bezeichnet ganz unhämisch eine Serie, die nach dem Scheitern einer anderen Produktion aus dem Herbst- respektive Frühjahrsprogramm ersatzweise zur Ausstrahlung gelangt. Da in den USA inzwischen entgegen früherer Praxis die Sommermonate nicht mehr durchgängig mit Wiederholungen bespielt werden, gibt es folgerichtig nun auch „summer replacements“, also Ablösungen für Unterhaltungsreihen und Serien, die nicht den nötigen Zuschauerzuspruch fanden.

In diese Kategorie fällt „Extant“ gerade nicht. Die Serie war von vornherein für eine Ausstrahlung in den Sommermonaten vorgesehen. Quellen dafür gibt es reichlich, stellvertretend sei „Thefutoncritic.com“ zitiert: „CBS has given a straight-to-series order for 13 episodes of EXTANT, a serialized drama from Steven Spielberg’s Amblin Television and CBS Television Studios. The series will be broadcast during summer 2014.“ Datum der Veröffentlichung: 7. August 2013.

Nervenkitzel ohne Blutrausch

Der Vorspann schon schürt auf chabroleske Art das Unbehagen des Zuschauers. Zarte Mädchenfinger bedienen eifrig die Tasten eines Klaviers. Hochkultur also. Zwischendurch blendet Regisseur Denis Dercourt an den Arbeitsplatz eines Schlachters, und das ist in diesem Fall nicht Synonym für einen blutrünstigen Mörder, sondern zeigt das ehrbare Handwerk des Fleischhauers. Schwarzhumorige Vertreter des gallisch-galligen Kinos mögen solche Kontraste.

Bitte weiterlesen unter http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=fl&dig=2015%2F06%2F06%2Fa0084&cHash=2d4470c29f62a828922d7ae736e34610 (Zusatzinfo: Der Kommafehler verdankt sich der Redaktion.)

 

Mordbube oder verfolgte Unschuld?

Die US-Serie „Twisted“ erzählt von einem Teenager, der als Kind zum Mörder wurde. Zurück in der Gemeinschaft, wird er erneut einer Bluttat verdächtigt. Gemeingefährlich oder in falsches Licht gerückt? Die Frage sorgt für Spannung. Und für Dialoge mit sarkastischem Witz.

Weiter geht’s unter http://www.fr-online.de/tv-kritik/-twisted—rtl-ii-ist-der-schoene-auch-ein-biest-,1473344,30858482,view,asFirstTeaser.html