Westentaschenbuch (A6), 68 Seiten, 6,99 Euro, ISBN-10 ‏: ‎ 3756517578
Schmerzhafte Trennung

Lösen die Schnürbänder sich
Ist es unabänderlich
Die Hand zum Fuß zu dirigieren
Um die Bänder neu zu schnüren

Wird diese Bindung unterlassen
Droht eine schmerzhafte Malesse
Beim nächsten Gang durch Städtchens Gassen
Stolpert man bäuchlings auf die Fresse

Das Lied von Blut und Gedärmen

Man soll Serien nicht nach nur einer Episode beurteilen. Aber bei „House of the Dragon“ deutet sich bereits nach der Auftaktfolge an, dass eine Enttäuschung bevorstehen könnte. Serienschöpfer ist Ryan J. Condal. Er war nicht am maßgeblichen TV-Epos „Game of Thrones“ beteiligt, dessen Mythologie in „House of the Dragon“ in Form einer Vorgeschichte wieder aufgenommen wird. Vom „G.o.T.“-Team ist einzig Miguel Sapochnik als Koproduzent und Mitglied des Regieteams geblieben.

Die beiden Entscheider wollen gleich mächtig protzen. Es gibt beeindruckende Panoramen, die aber leider erkennbar im Computer entstanden sind und sich von den Realszenen merklich abheben. Alles hier ist auf Optik und Spektakel abgestellt. In expliziten Szenen werden Hände und Köpfe abgehackt, Schädel zertrümmert, es gibt einen blutrünstigen Kaiserschnitt ohne Betäubung. Sexszenen, die bei „G.o.T.“ für eine ganze Staffel gereicht hätten. Schauspieler, die deutlich hervorkehren, wes Geistes Kind ihre Charaktere sind. Von Koryphäen wie Paddy Considine, Rhys Ifans und dem ehemaligen „Doctor Who” Matt Smith hätte man mehr erwarten dürfen.

Dem ersten Eindruck zufolge ist bereits festgelegt, wer sich geziemend und wer sich unartig zu verhalten hat. Die Ambivalenzen und Geheimnisse, die in der ersten Folge von „G.o.T.“ zu finden waren, sind hier – vorerst – nicht zu erkennen. Was, wenn es so bliebe, George R. R. Martins Ansatz widerspräche. Er verfolgt gerade kein schlichtes Gut-und-Böse-Schema, sondern baut auf Ambivalenzen. Das macht seine Romane so spannend. Sie sind keine Pralinenschachteln. Man weiß nie, was man kriegt …

Man weiß bereits, dass „House of the Dragon“, wie „G.o.T.” eine HBO-Produktion (in Deutschland bei Sky Atlantic), weniger episch ausfallen, sondern sich auf einen kleineren Personenkreis konzentrieren wird. Es gibt also weniger zu erzählen, aber ein größeres Budget, als bei den ersten Staffeln von „G.o.T.“ zur Verfügung stand. Statt auf originelle Inhalte wird auf Effekte und ausufernde Schlägereien inklusive Ritterturnier gesetzt. Viel Mühe wurde auf die Tricktechnik verwandt, weniger auf das Drehbuch. Hier ist zumindest vorerst nicht zu erkennen, was „G.o.T.“ erfolgreich werden ließ: Eine gute, wendungsreiche Geschichte mit eigenwilligen, sich wandelnden Charakteren in einem zu Entdeckungen einladenden Umfeld und mit Schauspielern, die die Nuance beherrschen.

Irreführende Werbung

Besser, als der deutsche Titel vermuten lässt: der französisch-belgische Mehrteiler „Die Bestie von Bayonne”. Mehr dazu unter https://www.fr.de/kultur/tv-kino/bestie-von-bayonne-zdf-tv-kritik-fatales-versprechen-raffinierte-krimierzaehlung-mehrere-zeitebenen-91710577.html