Funky Gronau

Gregory Porter, 27.04.2015, Jazzfest Gronau

Gregory Porter, 27.04.2015, Jazzfest Gronau. Foto: Harald Keller.

Das Jazzfest Gronau hat begonnen – mit großem Besucherandrang und langen Warteschlangen beim Einlass zum Doppelkonzert mit dem Tingvall Trio und Gregory Porter. Weiter geht es am heutigen Mittwoch mit Maceo Parker (Bürgerhalle) und am 1. Mai mit der Jazzkantine (Rock ’n‘ Popmuseum).

Neonazis, die sich für die Chambers Brothers begeistern

Tristan Seith, Edin Hasanovic und Kida Khodr Ramadan in "Nachtschicht - Wir sind alle keine Engel"

Tristan Seith, Edin Hasanovic und Kida Khodr Ramadan in „Nachtschicht – Wir sind alle keine Engel“. Foto: Gordon/ZDF

In Hamburg sind die Nächte lang. Besonders, wenn Höreraktionen eines Pop-Senders und andere Dinge gewaltig aus dem Ruder laufen. Im zwölften Film der Reihe „Nachtschicht“ mit dem Titel „Wir sind alle keine Engel“ (27.4., 20:15h, ZDF) müssen die den Stammsehern wohlbekannten Beamten des Kriminaldauerdienstes Beziehungen kitten, Neonazis zurechtweisen und zwei Morde aufklären.

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Reinkarnation eines Publikumslieblings

Da ist er wieder. Fabian Hinrichs. 2012 war er im „Tatort“-Film „Der tiefe Schlaf“ Batics und Leitmayrs Assistent Gisbert Engelhardt, der ständig spinöse Ideen servierte. Die beiden mochten ihn nicht, die Zuschauer umso mehr. Eine plausible Wiederkehr war nicht möglich. Engelhardt hatte die Begegnung mit dem Täter nicht überlebt.
Gisbert Engelhardt ist tot. Es lebe Felix Voss.

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Die Regisseursliga von Twin Peaks

Hie, da und sonstwo wird gerade über die Frage spekuliert, ob „Das Geheimnis von Twin Peaks“ wohl auch ohne das Zutun von David Lynch fortsetzbar wäre. Weil’s eine müssige Debatte ist, keine Links, sondern kurz und ohne Klickschinderei beantwortet: Wieso nicht? Schon an den ersten Staffeln waren neben Lynch hochkarätige Regisseure wie Lesli Linka Glatter, Tim Hunter, Diane Keaton, Uli Edel, Caleb Deschanel beteiligt. Außerdem inszenierte Ko-Autor Mark Frost selbst. Der weiß schon, wie’s geht.

Noch einige Fun Facts zur Serie (aus „Kultserien und ihre Stars“, RORORO, 1999):

In den USA erreichte der „Twin Peaks“-Pilotfilm 35 Millionen Zuschauer (gleich 35 Prozent Marktanteil), in Deutschland sahen vier Millionen Zuschauer den Piloten [Anm.: am 10.9.1991 bei RTL, das damals noch RTLplus hieß], im Schnitt verfolgten cirka zwei Millionen Zuschauer die erste Staffel der Serie. Mit Sonderaufführungen, „Twin Peaks“-Partys und einem regelmäßigen Newsletter hatte RTLplus Presse und Publikum auf das Fernsehereignis einzustimmen versucht. (…)

Sat.1 versuchte sich als Spielverderber und verriet den Namen des Mörders via Videotext, tat damit dem Konkurrenten indes sogar einen Gefallen – die Zahl der Zuschauer erhöhte sich kurzzeitig auf 2,9 Millionen.

Mark Frost arbeitete vor seiner Zusammenarbeit mit David Lynch als ­story editor der Serie „Polizeirevier Hill Street“, für die er auch einige Drehbücher verfaßte.

Mark Frost und David Lynch ließen diverse Familienmitglieder an der Produktion teilhaben. Warren Frost, der Darsteller des Dr. Hayward, war der Vater des Autors; sein Bruder Scott steuerte einige Drehbücher bei und schrieb das Buch The Autobiography of FBI Special Agent Dale Cooper. David Lynchs Tochter Jennifer lancierte einen Bestseller mit „The Secret Diary of Laura Palmer“, von dem mehr als 600.000 Exemplare verkauft wurden. Weitere „Twin Peaks“-Merchandising-Produkte – alle von den eigens gegründeten Lynch/Frost Productions autorisiert – waren das Diktiergerät ›Diane‹, die von Kyle MacLachlan besprochene Hörspielkassette Diane … The Twin Peaks Tapes of Agent Cooper, die Nadine-Hurley-Augenklappe, T-Shirts mit Beschriftungen wie „I Killed Laura Palmer“, „Welcome to Twin Peaks“, „Call Me Bob“, „RR Diner“ und „Who Killed Laura Palmer?“, FBI-Kapuzenjacken und, neben den üblichen Schirmkappen, Kalendern und Soundtrack-Alben, auch eine Art Reiseführer mit dem Titel „Welcome to Twin Peaks – Access Guide to the Town“.

Besonderen Erfolg hatte „Twin Peaks“ in Japan. 1993 war die Serie bereits siebenmal wiederholt worden; vom Videopaket mit sämtlichen Episoden wurden, bei einem Stückpreis von etwa 1.000 Mark, binnen kurzem 45.000 Einheiten verkauft. Der Kinofilm „Twin Peaks: Fire Walk With Me“ startete in Japan noch vor der US-Premiere. Für die japanische Coca-Cola-Niederlassung drehte David Lynch eine Serie von Werbespots mit dem Original-„Twin Peaks“-Ensemble. In den vier im Abstand von zwei Monaten auf nahezu allen japanischen Kanälen ausgestrahlten, für ­andere Länder nicht freigegebenen Commercials suchte Agent Cooper in Twin Peaks nach einer verschollenen japanischen Touristin.

Zitate:

„Für mich ist die Serie wie ein kultureller Komposthaufen, bei dem jede Figur und jeder Schauspieler ein direktes oder indirektes Zitat darstellt.“ (Mark Frost)

„In einer Soap opera kann man auch den kleinsten Details noch große Aufmerksamkeit widmen. In ‚Twin Peaks‘ spielen Kaffee, Doughnuts und Kuchen eine wichtige Rolle.“ (David Lynch)

Wo der Eichwald röhrt

Auch ZDFneo bringt eine satirische Polit-Serie zustande, holte sich dazu allerdings Inspirationen bei den Briten. Die auch schon „House of Cards“ und andere kluge Fortsetzungsgeschichten erfanden. Wie sich „Eichwald, MdB“ (ab 16.4., ZDFneo) zu „House of Cards“ verhält, steht hier: http://www.tittelbach.tv/programm/serie/artikel-3647.html

Dreharbeiten auf hohem Niveau

Tatort Matterhorn 3021

„Tatort Matterhorn“: Regisseur Tilman Remme bei Dreharbeiten am Berg. Copyright Keller/Remme.

Unter teils waghalsigen Umständen entstand der Dokumentarfilm „Tatort Matterhorn“, dessen Autoren die Umstände der Erstbesteigung, die sich in diesem Jahr zum 150. Male jährt, einer Neubewertung unterziehen. Der Kritiker empfiehlt die 90-Minuten-Version, am 4.4.2015 um 20:15 Uhr im Programm von Arte. Das ZDF zeigt am Ostermontag um 19:30 Uhr in der Reihe „Terra X“ eine 45-Minuten-Fassung. Ebenfalls am Ostermontag strahlt Arte Luis Trenkers Genreklassiker „Der Berg ruft“ aus, eine fiktionale Interpretation der Matterhorn-Tragödie.

Blackout in der Programmgeschichtsschreibung

Die Hauptakteure v.l.n.r.: Tarik (Kaan Sahan), Nils (Tom Gramenz), Charlie (Sinje Irslinger), Dajana (Stephanie Amarell) und Patrizia (Luise Beford).Foto: WDR/Evang

In der April-Ausgabe der WDR-Hauszeitschrift „print“ widmet sich die Redaktion ausführlich der Jugendserie „Armands Geheimnis“, die am Karfreitag gestartet ist und mit jeweils mehreren Folgen übers Oster-Wochenende in den Morgenstunden ausgestrahlt wird. Ein weitgehend gelungenes Produkt, fortlaufend und mit zahlreichen Rückblenden auch diskontinuierlich erzählt. Diese Darreichungsform veranlasst den „Print“-Autor im Gespräch mit der WDR-Redakteurin Brigitta Mühlenbeck zu einer verwegenen Formulierung: „Das Serien-Event wird erstmalig ‚horizontal‘ erzählt.“

Weithin kursiert die Behauptung, das horizontale, wahlweise epische serielle Erzählen sei erst mit den „Sopranos“ entstanden; oftmals ist in diesem Zusammenhang von einer „Revolution“ die Rede. Ein moderner Medienmythos – siehe beispielsweise hier – ohne jede sachliche Grundlage. Denn natürlich hat es fortgesetzte Erzählungen und übrigens auch das Amt des sogenannten „Showrunners“ schon sehr viel früher gegeben – selbst in Deutschland. Im Jugendbereich beispielsweise die Arbeiten des jüngst verstorbenen Berengar Pfahl wie „Jerusalem, Jerusalem“ (1979), „Tanja“ (1997-2000) und andere. Schon der ersten Generation, die mit dem jungen Medium Fernsehen aufwuchs, waren demnach die sogenannten Cliffhanger nicht fremd. Dafür sorgte unter anderem Justus Pfaue mit Mehrteilern wie „Patrik Pacard“ (1984). Im Bereich der Familienserie beherrschte Heinz Oskar Wuttig das Metier der epischen Erzählung. In „Salto Mortale – Die Geschichte einer Artistenfamilie“ schickte er 1969 achtzehn Folgen lang einen Zirkus durch ganz Europa. Episodisch, aber auch mit übergreifenden Handlungssträngen in großer Ensemblebesetzung erzählt. Höchst modern also. Das ZDF pflegte lange die sozialkritische Serie mit Titeln wie „Familie Mack verändert sich“ (1969), „Alles Gute, Köhler“ (1973), „Unser Walter“ (1974).

Der Beispiele wären noch viele. Auch RTL-Zuschauern ist die Fortsetzungserzählung nicht fremd. Dort gab es die modernisierte Neuauflage von „Auf der Flucht“, die in der RTL-Version „Eine Frau wird gejagt“ hieß und eine weibliche Hauptfigur (Nicola Tiggeler) um den Beweis ihrer Unschuld ringen ließ. Ein ganz anderes Thema hatte „Bruder Esel“, die vom Hauptdarsteller Dieter Pfaff angeregte Erzählung um einen Franziskanerpater, der das Klosterleben der Liebe wegen aufgibt.

Man muss vielleicht auch einmal daran erinnern, dass das deutsche Publikum bis heute nicht gerade nach Fortsetzungs-Thrillern giert. Sat.1 bekam dies 2006 mit der ambitionierten, bis in die Nebenrollen exzellent besetzten Serie „Blackout – Die Erinnerung ist tödlich“ schmerzlich zu spüren. Die Publikumsverweigerung wiederholte sich im Jahre darauf beim „NYPD Blue“- und „Homicide – Life On The Streets“-Remix des ZDF namens „KDD – Kriminaldauerdienst“ und schließlich 2010 in der ARD bei „Im Angesicht des Verbrechens“.

Die deutschen Sender wären mithin gut beraten, ihre absurde „Me too“-Haltung aufzugeben, mit der sie sich Epigonentum attestieren, statt die eigenen Traditionen und Leistungen herauszustellen. Nicht nur unter dem Gesichtspunkt einer klügeren Öffentlichkeitsarbeit. Zugleich könnte auf diese Weise den in Print und Web umgehenden, teils grotesk in die Irre führenden, dennoch fortwährend reproduzierten Darstellungen zur Geschichte des seriellen Erzählens zumindest ansatzweise begegnet werden. Im Sinne des angestammten Bildungsauftrags, der auch die Programmhistorie des eigenen Mediums einschließt.