Wenn Dünkel das Selbstbild trübt

Wohl eher schlecht beraten war die „Frankfurter Rundschau“, als sie auf ihrer Medienseite vom 31. Mai ausgerechnet auch noch unter der Überschrift „Doch eher dämlich“ ihrem Lesepublikum in süffisantem Tonfall zu wissen gab, dass die drei Schriftleiter des Magazins „stern“ einen kleinen Leitfaden verfasst und ihren Redakteuren zugestellt haben, in welchem mahnend an basale journalistische Tugenden erinnert wird. Übermütig belustigt sich die „Frankfurter Rundschau“ über rhetorische Fragen wie diese: „Beherrschen auch wir alle die Grundkenntnisse im Umgang mit unserem Material: Orthografie, Satzbau und Interpunktion? Wenn nicht: Sind wir bereits zu alt, dies noch zu erlernen?“

Gut beraten wären Schriftleitung und Redakteure der „Frankfurter Rundschau“, wenn sie selbst sich einmal intensiv mit diesen Fragen  befassen würden. Denn an Orthografie, Satzbau und Interpunktion hapert es in dieser Zeitung ebenso wie an der Stilistik und der Grammatik, dem gewissenhaften Umgang mit der deutschen Sprache also.

Vor geraumer Zeit hat man einen Redakteur namens Bronski abgestellt, fehlerhafte Textzeilen in einer Kolumne auf der Leserbriefseite  zu korrigieren. Dabei muss er aus einem schier unüberschaubaren Gros die gröbsten Patzer selektieren. Denn wollte man wirklich jeden Missgriff aufgreifen, müsste deutlich mehr Raum zur Verfügung gestellt werden. Stellt sich nur die Frage: Warum werden die Texte nicht vor der Veröffentlichung eingehend geprüft?

Und auch diese Fragen, die dem „stern“-Katalog entnommen sind, gehen bei der „Frankfurter Rundschau“ keineswegs fehl:

„Reizt der Einstieg zum Weiterlesen?“ – „Kann der Leser dem Gedankengang in jeder Passage folgen?“ – „Gibt es überhaupt einen zugrunde liegenden Gedankengang?“

Insofern heischt die Maßnahme der „stern“-Kollegen, die ausdrücklich der Qualitätsverbesserung dient, weit weniger einer spöttischen Riposte, als man bei der „Rundschau“ meint. Dies auch vor dem Hintergrund, dass, wie wir alle wissen und aktuell meedia erneut bekräftigt, die Verkäufe von journalistischen Printprodukten in verheerendem Maße gesunken sind. Die massive und offenbar zunehmende Abkehr des Lesepublikums könnte auch darin begründet sein, dass manche Blätter ihm mittlere bis unterste Qualität zumuten. Krudes Deutsch und Intuitivjournalismus gibt es im weltweiten Web zuhauf – warum sollte man dafür noch bezahlen?

Das anti-murksistische Manifest

Ein ungleich wertvolleres Blog als dieses hier ist http://www.murks-nein-danke.de/blog/mitmachen-murks-melden-geht-wieder/. Da wird nämlich der Industrie auf die Finger geschaut, die, wie zumindest einige Experten bestätigen, in manche Geräte eine Art Sollbruchstelle einbaut. Nur kurz nach Ablauf der Garantiezeit versagen sie und sind entweder so katastrophal verbaut, dass sie tatsächlich nicht repariert werden können. Oder es wird einfach behauptet, eine Wiederherstellung sei nicht mehr möglich. Dazu kommt noch das skandalöse Verhalten in Bereichen, in denen regelmäßige Software-Updates nötig sind, was ja mittlerweile beispielsweise auch DVD-Player anlangt. Da werden nach einer gewissen Zeit keine Datenauffrischungen, zum Beispiel Codecs, mehr geliefert. Und ein an sich bestens funktionierendes Gerät muss verschrottet und für teuer Geld durch ein neues ersetzt werden.

Der Hausherr dieses Blogs verzichtet aus diesen und verwandten Gründen künftig auf die Produkte der Firmen Philips, Medion (inklusive Navigon) und Samsung. Erfreulich hingegen, dass selbst hochbetagte Videorekorder der Marke Panasonic und analoge Kameras von Nikon immer noch repariert werden können. Aus eben diesem Grunde wurden auf dieser Seite der langen Leitung auch andere Geräte dieser Firmen erworben. Wenn viele ähnlich handeln, kann man vielleicht ein Zeichen setzen. Und natürlich sollten alle Betroffenen bei „Murks? Nein danke!“ mitmachen!

Causa plus Kasus gleich Kaukasus

Eines der beliebtesten Modewörter der publizistischen Sphäre derzeit lautet „Causa“. Irgendwer hat mal damit angefangen, viele plappern es nach. Und nicht wenige verwechseln es mit „Kasus“. Oft findet es sich in Texten zu ernsthaften Themen. Da kommentiert dann jemand mit gar strenger Miene und geißelt das Fehlverhalten anderer und kann doch den eigenen Job nicht. Hilft nix, da muss man einfach lachen.

Wächter mit besonderen Vorlieben

Die nun auch schon 33-jährige und dennoch weiterhin in allen jugendorientierten Digitalkanälen herumgeisternde Moderatorin Sarah Kuttner trug dieser Tage, wie die „Hamburger Morgenpost“ berichtete, im Zuge einer Lesung aus ihrem Buch „Wachsstumsschmerzen“ eine Passage vor, die man, wenn sie denn der Meinung der Autorin entspricht, als rassistische Äußerung bewerten müsste. Das hätte man klären können. Kuttner jedoch verhielt sich, glaubt man der Berichterstattung, denkbar ungeschickt, als sie sich der nötigen Diskussion entzog. Öffentliche Kritik und eine Anzeige wegen Beleidigung waren die Folgen.

Neben anderen sah sich Kuttners Kollege Mola Adebisi, selbst schwarzer Hautfarbe, zu einem Kommentar veranlasst und sagte auch: „Ich würde mich freuen, wenn sie mal Juden-Witze machen würde, dann wäre ihre Karriere nämlich beendet!“

In diesem Punkt irrt Adebisi. Denn wenn die kritische Öffentlichkeit einmal Gefallen gefunden hat an einer Medienperson, dann kommt diese auch mit solchen Missgriffen durch: Wie seinerzeit unter anderem in der „Funkkorrespondenz“ hinlänglich dokumentiert wurde, verglich Kuttner vor einigen Jahren in ihrer Sendereihe „Sarah Kuttner – Die Show“ das Verhältnis zwischen ihrem Gesprächsgast Christine Westermann und deren „Zimmer frei!“-Ko-Moderator Götz Alsmann mit dem zwischen „dem Führer“ und „den Juden“. Da musste Frau Westermann kräftig schlucken. Weitere Konsequenzen dieser geschmacklosen Äußerung sind nicht bekannt. Und auch die jüngste Auffälligkeit von Frau Kuttner wurde hier schon wieder verharmlost.

Schlussfolgerung: Die skandalisierende Empörung geschieht selektiv und folgt ganz eigenen Regeln. Als vor Jahren ein niedersächsischer Ministerpräsident mit Namen Christian Wulff, damals noch strahlender Sonnyboy des Medienbetriebs, nach Angaben mehrerer Zeugen Einfluss auf die öffentlich-rechtlich verfasste Medienanstalt seines Landes nahm und damit gegen geltendes Recht verstieß, hielt das niemand für berichtenswert. Die „Frankfurter Rundschau“ versteckte einen entsprechenden, von der Redaktion stark gekürzten Beitrag am unteren Ende ihrer Medienseite. Auch die „Funkkorrespondenz“, die ihrerseits recherchiert hatte, machte die Angelegenheit publik. Aber das war’s denn auch.

Soviel noch mal zur Wächterfunktion der Tagespresse …

 

Bloggend in Baku

Er hat lange darum gekämpft, endlich ist der Zenit erklommen: Der taz-Redakteur, NDR-Blogger und „Spiegel online“-Autor Jan Feddersen hat sich den Rang einer Skandalnudel erarbeitet. Seine abschätzigen Worte über Zeitgenossen, die dem blindlings wohlgemuten Treiben der „Eurovision Song Contest“-Delegationen im diktatorisch beherrschten Aserbaidschan eher kritisch begegnen, stieß denn doch auf Unmut hierzulande. Und endlich stellt mal jemand, nämlich ein kühler Kopf namens Sebastian auf Stefan Niggemeiers Blog, die längst überfällige Frage: „Von diesem unsäglichen Kommentar mal abgesehen: Bin ich der einzige, der es komisch findet, dass ein Redakteur einer Tageszeitung für einen Veranstalter bloggt, über den er (vielleicht ja auch mal kritisch) zu berichten hat?“

Warum, liebe Propagandisten der Qualitätszeitung, muss eigentlich ein Leser auf diesen doch leicht anrüchtigen Kasus hinweisen? Und warum bedurfte es erst einer politischen Instinktlosigkeit Feddersens, ehe der mitlesenden Öffentlichkeit auffiel, dass dessen Begriff von Journalismus, nun ja, nicht in jedem Fall der reinen Lehre folgt? Von seinem Rang als ungekrönter Stilblütenkönig mal ganz zu schweigen. Aber nur, weil wir das auf diesen Seiten schon mal hatten.

Eines aber gibt noch einmal eine schöne Pointe ab: Für das Buch „Die Alpha-Journalisten“, herausgegeben von Stephan Weichert und Christian Zabel, schrieb besagter Jan Feddersen einen unangenehm schranzigen, geradezu klebrigen Text über Stefan Niggemeier und wurde nun Gegenstand von dessen kritischer Berichterstattung, die Feddersen seinerzeit so hingebungsvoll zu würdigen verstand.

Vielleicht ist es aber einfach nur Niggemeiers Revanche für jenes im Detail nicht immer vollends durchdachte Porträt aus dem Jahr 2009, das Feddersen mit den kryptischen Worten „Der Crashtest-Dummy“ überschrieben hatte. „Dummy“, so sagt das Fremdwörterlexikon, bedeutet „Attrappe, Schaufensterpuppe“, aber auch „Dummkopf, Idiot“. Klingt ungehörig, aber in diesem Fall muss man Feddersen wohl verzeihen. Sprachen sind einfach nicht seine starke Seite.

Aktualisierung: Feddersen würde sein Niggemeier-Porträt heute fraglos anders schreiben, wie dieser Blog-Eintrag verrät. Zum Wahrheitsgehalt der Auslassungen bitte unbedingt Niggemeiers Kommentare in dessen Blog vergleichen. Vereinzelt nämlich wurden Feddersens Behauptungen schon ungeprüft als Tatsachen weiterverbreitet. Darin nebenbei liegt der Unterschied zwischen Kolportage und Journalismus: Letzterer macht sich zur Regel, alle Beteiligten zu Wort kommen zu lassen. Wahrheitsgetreu, versteht sich.

Nicht nur für Autoliebhaber

Borgward Hansa 1500 (c) Harald Keller

Borgward Hansa 1500 (c) Harald Keller

Der Feuilletonteil dieser bescheidenen Blog-Hütte erlaubt sich heute einen Hinweis auf die Ausstellung „Richtig in Fahrt kommen“ des Osnabrücker Museums Industriekultur. Im Magazingebäude einer früheren Kohlezeche wurde eine aussagestarke und teils originell, z. B. mit raren Fahrzeugen, bestückte Präsentation zusammengestellt, die vom Neubeginn der deutschen Autoindustrie über die Massenmobilisierung und den Beginn des Individualurlaubs per PKW berichtet. Wer hätte schon gewusst, dass die bundesdeutsche Kraftpost Mitte der 1950er europaweit das größte Busunternehmen und auch auf dem touristischen Sektor tätig war? All das wird textlich vertieft und visuell nachvollziehbar auch im zugehörigen Katalog, der zudem Themen wie die autogerechte Stadt, die Darstellung der Fahrzeugindustrie in Werbe- und Auftragsfilmen, die Geschichte der Tankstellen und Raststätten und sehr viel mehr umfasst. Die Anschaffung lohnt, auch wenn – oder gerade weil – man die Ausstellung selbst nicht besuchen kann.

Fragen eines lesenden Arbeiters

Wenn Jan Freitag in der „Frankfurter Rundschau“ (Ausgabe 16./17. Mai, S. 35) schreibt, die Filme der ab 16. Mai vom Ersten gezeigten „Sherlock Holmes“-Reihe seien „vor allem ungemein britische, verantwortet von der BBC nämlich, völlig folgerichtig also das Beste, was auf dem Bildschirm schlechthin denkbar ist“ und dann im nächsten Absatz anfügt: „Denn wenn das angloamerikanische Fernsehen fiktionale Stoffe in Serie exportiert, sind das (…) meist Waren von hoher Güte“, erklärt er damit Großbritannien zum 51. Bundesstaat Angloamerikas, vulgo der Vereinigten Staaten? Eine nicht ganz ungefährliche Sichtweise, wie 2001 schon Ronny Yu in seiner Thrillerkomödie „The 51st State“ zu bedenken gab …

Es war nicht die Übertragung, die ins Stottern geriet

Sofern ein Zeitungsbeitrag schon im Vorspann Wortgefüge wie diese enthält, mag man schon gar nicht mehr weiterlesen: „Seit Montagmorgen ist das analoge Fernsehen nur noch Geschichte.“

Stilistisch entspricht das schaurigstem Synchronesisch (Synchronesisch – schlecht, weil wörtlich und damit unrein übersetztes Ausländisch. Beispiel: „not really“ – „nicht wirklich“). Sprachlich korrekt müsste es heißen: Seit Montag gehört das analoge Fernsehen der Vergangenheit an.

Faktisch aber ist das immer noch falsch, denn via Kabel bleibt das analoge Fernsehen uneingeschränkt, ohne Aufpreis und in bester Qualität weiterhin verfügbar. Zum Glück. Schließlich hat nicht jeder Freude am galoppierenden digitalen Fortschritt, der neue Geräte und immer mehr Kabel und endlose Basteleien erfordert, wobei, weil die Fernseher gar nicht über ausreichend Scart-Anschlüsse verfügen, widrigstenfalls die Qualität am Ende schlechter ist als vorher, digital dahin oder her.

Aber das nur nebenbei. Denn die technische Seite war gar nicht gemeint, als hier geschrieben wurde: „Die Fernsehübertragung des Deutschen Filmpreises in der ARD kommt nur schwer in Gang.“ Stimmt auch nicht. Die Übertragung funktionierte tadellos. Die Qualität der Zeremonie bleibt somit ungetrübte Ansichtssache.

Auch hier hat das Übersetzungsprogramm versagt.

Auch hier hat das Übersetzungsprogramm versagt. (c) Harald Keller

Vom Titelblatt geklaubt

Bei der Altpapierentsorgung flatterte sie gerade noch mal ins Blickfeld: die „Frankfurter Rundschau“ vom 30. April. Da war auf der Titelseite davon die Rede, dass die Kanzlerin die „Fußball-WM“ in der Ukraine boykottieren werde – für sportferne Zeitgenossen: gemeint war die Europameisterschaft, ergo EM. Weiter unten gab es einen Hinweis ans Publikum unter der Überschrift „Lieber Leserin, lieber Leser“ (sic!). Offensichtlich handelte es sich bei dieser Ausgabe um ein Mängelexemplar, allerdings war der Verkaufspreis derselbe wie sonst auch. Immerhin, da weiß man am Kiosk gleich, was man kriegt. Denn drinnen sieht es oftmals nicht besser aus. Deshalb eine Anregung: Eine Geld-zurück-Garantie für fehlerhafte Tageblätter – das wäre doch mal eine pfiffige Werbeaktion!