Je nachdem

Auch die Landesmedienanstalten sind gegen politische Einflüsse nicht gefeit

Im Vorfeld der brisanten Abstimmung vom vergangenen Freitag und auch nachdem der Vertrag des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender auf Betreiben Roland Kochs nicht verlängert wurde, gab es viele Stimmen, die die Einflussnahme politischer Parteien auf öffentlich-rechtliche Anstalten beklagen. Die Gewerkschaft ver.di veröffentlichte namens der dort organisierten Journalisten eine Stellungnahme des Bundesvorsitzenden der Deutschen Journalisten- und Journalistinnen-Union (dju), Ulrich Janßen, in der es unter anderem heißt: „Dieser politische Sündenfall müsse Widerspruch aller Kräfte in der Gesellschaft finden. Konstruktionen, die derartige Übergriffe der Politik ermöglichen, gehören zwingend auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand.“

In dieser Angelegenheit erweisen sich die Gewerkschaften allerdings als inkonsequent, denn in der Vergangenheit wurden an anderer Stelle Eingriffe der Politik sehr wohl gebilligt. Jedoch werden diese Dinge selten mit vergleichbarer öffentlicher Resonanz verhandelt. Schauplatz war die Landesmedienanstalt Niedersachsen (NLM), der unter anderem die Zulassung und Überwachung privater Anbieter und deren Überwachung obliegt. Auch die Landesmedienanstalten sind, wie die Landesrundfunkanstalten der ARD und das ZDF, öffentlich-rechtlich verfasst. Das niedersächsische Landesmediengesetz besagt: „Die Niedersächsische Landesmedienanstalt (…) ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie hat ihren Sitz in Hannover und übt ihre Tätigkeit (…) innerhalb der gesetzlichen Schranken unabhängig und in eigener Verantwortung aus. Staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung dürfen der Landesmedienanstalt nicht übertragen werden.“

Entscheidendes Organ der Landesmedienanstalt ist die Versammlung, die jeweils für eine Periode von sechs Jahren, aus Vertretern gesellschaftlich relevanter Gruppen gebildet wird. Soweit das Ideal. Denn je nach Ermessen lässt sich durchaus als politischer Einfluss interpretieren, dass die Landesregierung unter Christian Wulff die Zahl der Mitglieder der Versammlung von 43 auf 25 und damit das dort vertretene gesellschaftliche Spektrum deutlich reduzierte. Seither, so niedersächsische Medienbeobachter mit einem Unterton von Resignation, gibt es in der Versammlung eine Mehrheit von Delegierten, die der Politik der Landesregierung nicht unbedingt kritisch gegenüberstehen.

Allerdings herrscht parteiübergreifende Einigkeit, sofern eine Entscheidung der Versammlung einer Unternehmensansiedlung förderlich ist. Die entsprechenden Abwägungen wurden 2005 exemplarisch am Fall des Verkaufskanals RTL Shop deutlich. Der Mediendienst war über die Programme von RTL und Vox bereits stundenweise zu empfangen, erhielt aber in Niedersachsen zusätzlich einen eigenen analogen Kabelkanal. Unter Medienbeobachtern war es ein offenes Geheimnis, dass die Entscheidung in Zusammenhang stand mit der politisch ausgehandelten Zusage, den bislang noch in Köln ansässigen RTL Shop im Jahr 2006 nach Niedersachsen zu verlegen, dort ein Sendezentrum einzurichten und 50 Arbeitsplätze bereitzustellen. Ein Mitglied der Versammlung bestätigte, dass seitens der Landesregierung darauf hingewirkt wurde, dass dem RTL Shop ein eigener Kabelplatz zugeteilt werde. Während es im Landesmediengesetz doch heißt: Die Mitglieder der Versammlung „sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden.“

Auch eine Gewerkschaftsvertreterin stimmte für die 24-stündige Verbreitung des RTL Shop. Ihr Argument damals: Die Schaffung von 50 Arbeitsplätzen habe Vorrang vor der programmlichen Vielfalt. Eine verständliche, aber doch auch heikle Haltung, wenn hier der politische Einfluss willig akzeptiert, an anderer Stelle, siehe die Absetzung Nikolaus Brenders, aber mit Verve kritisiert wird.

2008 verkaufte RTL seinen Verkaufskanal als Folge fortwährender Verluste. Er heißt seit März 2009 Channel 21. Sitz der Gesellschaft ist immer noch Hannover, der Kundenservice wurde indes in Dortmund angesiedelt. Channel 21 verfügt weiterhin über einen eigenen analogen Kabelsendeplatz in Niedersachsen. Wo es an Verkaufskanälen, zumal unter Berücksichtigung der einschlägigen Fensterprogramme, wahrlich keinen Mangel hat. Hingegen fehlen im analogen Kabel die öffentlich-rechtlichen Sender Hessen, SWR/SR und RBB.

Übrigens: Viele der Zeitungen, die dieser Tage äußere Einwirkungen auf den Rundfunk bekümmert bis empört kommentieren, hielten die Vorgänge bei der NLM seinerzeit für nicht der Rede wert.

„Basis unserer Arbeit ist nicht die Quote“

Interview mit 3sat-Koordinator Daniel Fiedler zum 25-jährigen Bestehen des Drei-Länder-Kanals

Am Anfang stand „ZDF 2“, ein Versuchsprogramm im Ludwigshafener Kabelpilotprojekt. Aus der experimentellen Unternehmung wurde wenige Monate später der Drei-Länder-Sender 3sat. Das ZDF hatte die österreichische ORF und die schweizer SRG für ein grenzüberschreitendes deutschsprachiges Gemeinschaftsprogramm mit kulturell-informativen Schwerpunkt gewonnen. Am 1. Dezember 1984 ging der neue Kabel- und Satellitensender auf Sendung – noch vor dem ersten kommerziellen Mitbewerber Sat.1. Seit 1993 gehört auch die ARD zum Senderverbund, die zeitgleich ihren eigenen Kabelkanal Eins plus einstellte. 3sat feiert sein 25-jähriges Jubiläum mit besonderen Programmbeiträgen. Getrübt werden die Feierlichkeiten durch die kurz vor dem Geburtstag erfolgte Mitteilung des ZDF, seinen Finanzierungsanteil in den Jahren 2009 bis 2012 um 24,4 Millionen Euro reduzieren zu wollen. Das folgende Interview mit 3sat-Koordinator Daniel Fiedler ist der Versuch einer Positionsbestimmung. Eine Frage zur aktuellen Mittelkürzung durch das ZDF wurde zwei Mal nachgereicht, blieb aber unbeantwortet.

Untergeschoss: 3sat wird 25 Jahre alt. Haben sich Funktion und Aufgaben von 3sat seit seinem Bestehen gewandelt?

Fiedler: Die Gründung eines Senders zu Beginn des Satellitenzeitalters im Jahr 1984 ist natürlich etwas anderes als die Durchführung eines Vollprogrammes mit kulturellem Schwerpunkt inmitten der digitalen Revolution. Der Auftrag ist im Kern dennoch derselbe: Wir gestalten 3sat jeden Tag aufs neue als ein deutschsprachiges, kulturell ausgerichtetes TV-Programm auf der Höhe der Zeit. 3sat bündelt die besten Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Und unsere Eigenproduktionen setzen neue Akzente im Fernsehen.

Untergeschoss: In den Gründungspapieren heißt es, 3sat solle „auch in der Hauptsendezeit Sendeinhalte und Sendeformen präsentieren, die nicht auf Mehrheitsfähigkeit angelegt sind“. Gilt das nach wie vor?

Fiedler: Wir programmieren nach anderen Gesetzmäßigkeiten als es etwa ARD oder ZDF tun müssen, die die ganze Breite der Gesellschaft ansprechen sollen. Mit Kultur allein geht das leider nicht. Basis unserer Arbeit ist nicht die Quote, sondern die inhaltliche Position. Wir definieren uns über Themen, Inhalte, Blickpunkte, Perspektiven, auch Perspektivwechsel. Das ist unser Maßstab für erfolgreiches Programm. Erst danach kommt die Frage der Akzeptanz am Markt. Deshalb finden Sie Formate, die sich auf Kultur und Wissenschaft konzentrieren, täglich bei 3sat in der Primetime. Mehr geht gar nicht.

Untergeschoss: Die Sendeabläufe bei 3sat folgen einem festgelegten Schema. Wenn man sich unter Normalzuschauern umhört, ist dieses Programmschema aber nicht ohne weiteres erkennbar. Auf die Zuschauer wirkt das Angebot eher unübersichtlich. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Fiedler: Wie viele Sendeplätze – egal von welchem Sender – kennen Sie denn auswendig? Unsere täglichen Formate „Kulturzeit“ und „nano“ sind bestens etabliert. Ein Programmschema ist in der Konkurrenzsituation von derzeit über 60 frei empfangbaren Sendern allerdings ein programmplanerisches Hilfsgerüst, mehr nicht. Flexibilität ist das Gebot der Stunde. Interessanterweise machen wir die Erfahrung, dass unser Zuschauerzuspruch steigt, wenn wir das Schema außer Kraft setzen. Unsere Thementage sind dafür ein Beispiel. Ab Mai kommenden Jahres gehen wir mit einem neuen Programmschema an den Start, das für solche Freiräume noch mehr Platz schafft.

Untergeschoss: Bei der Gründung von 3sat war als eine von mehreren Funktionen vorgesehen, dass der Sender, gegebenenfalls auch kurzfristig, für Live-Übertragungen gesellschaftlicher und/oder kultureller Ereignisse zur Verfügung stehen sollte. Ist diese Aufgabe mittlerweile auf Phoenix übergegangen?

Fiedler: Der Sender, der Kulturereignisse live überträgt, ist 3sat. Phoenix hat ganz andere Aufgaben. Und live ist bei uns wirklich live. Wenn der Literaturpreis CORINE 2009 an einem Dienstag verliehen wird, dann senden wir dienstags. Die Berlinale wird donnerstags eröffnet, also senden wir am Donnerstag. Und das Abschlusskonzert des Schleswig-Holstein Musikfestivals kommt am Sonntag, obwohl der Klassiksendeplatz am Samstag ist. Pro Jahr übertragen wir auf 3sat rund 25 Abende live aus deutschsprachigen Opernhäusern, Kabarett- oder Sprechbühnen und Musikfestivals – ob Klassik, Jazz oder Pop. Hier haben wir in den vergangenen Jahren unsere Liveangebote ausgebaut. Und dazu kommen noch live produzierte Programme, die ins Regelprogramm einfließen.

Untergeschoss: Wird das 3sat-Programmprofil durch die digitalen Ableger der veranstaltenden Sender beeinflusst und in der Zukunft vielleicht auch verändert?

Fiedler: Das Vollprogramm 3sat steht heute in der Medienlandschaft gut und unverwechselbar dar. Die kulturellen digitalen Angebote von ARD und ZDF werden Spartenkanäle bleiben. Wir können auf den gesamten Fundus der vier öffentlich-rechtlichen Angebote von ZDF, ORF, SRG und ARD zurückgreifen. Das macht uns einzigartig und sichert uns Akzeptanz. Kein anderer Sender kann die Schwerpunkte Kultur und Wissenschaft auch nur annähernd so gewichtig, umfangreich und vielschichtig programmieren.

Untergeschoss:  Eine der in den Gründungsvereinbarungen besonders hervorgehobenen Aufgaben verbindet sich mit dem Begriff Kultur. Wenn man die Programmatik der Programmschaffenden, aber auch die Rezeption und insbesondere die kritischen Stimmen vergleichend betrachtet, gibt es augenscheinlich sehr unterschiedliche Auffassungen darüber, wie Fernsehen und Kultur übereins gebracht werden sollen. Wie interpretieren Sie mit Blick auf 3sat-Programm diesen Begriff?

Fiedler: Kultur ist für uns nicht eine Frage des Programmgenres, sondern eine der Geisteshaltung. Es geht darum, wie unsere Redaktionen die Fragen der Zeit betrachten. Tägliche Kultur- und Wissenschaftsmagazine, die sich aktuell diesen Fragen stellen, auch Position beziehen, die Debatten prägen, und die zur besten Sendezeit ausgestrahlt werden, sind Ausdruck einer solchen Haltung. Aufzeichnungen vom Berliner Theatertreffen oder unser Engagement für den Dokumentarfilm – beides im Hauptabend platziert – ebenso. Darüber hinaus wollen wir die Kultur des Fernsehens weiter entwickeln. Ungewöhnliche Formate wie „Ein Fisch für 2“ – unsere Talkshow, in der so gut wie nicht geredet wird –  oder das Popkulturmagazin „bauerfeind“ – mit dem wir die Logik des Netzes auf die TV-Oberfläche übertragen – sind Beispiele dafür.

Untergeschoss:  Wie ist im Jubiläumsjahr die finanzielle Situation des Senders, wie, angesichts allgemeiner Sparzwänge, die Perspektive?

Fiedler: Alle vier 3sat-Mütter stehen zu ihrem Engagement. Das haben sie gerade im Jubiläumsjahr eindeutig bekräftigt. Die Rundfunkgebühr in allen drei Ländern wird sich nicht mehr dynamisch entwickeln. Bei wachsenden Aufgaben durch die Digitalisierung heißt das: mehr content fürs gleiche Geld. Das gilt auch für 3sat.

Untergeschoss:  Wie hoch ist der Anteil von 3sat an den Rundfunkgebühren?

Fiedler: 3sat hat keinen eigenen Gebührenanteil. Seitens des ZDF werden in diesem Jahr cirka 47 Millionen Euro – ohne Verbreitungskosten – für das 3sat-Programm aufgewendet. In den kommenden Jahren werden wir seitens des ZDF stärker in Synergie mit dem geplanten Kulturkanal des ZDF arbeiten, der sich aus dem heutigen ZDF.theaterkanal entwickeln wird. 3sat und der neue Kanal werden zukünftig aus einer Hand gestaltet werden.

Untergeschoss: Können Sie sich ausmalen, wie sich 3sat bei seinem 50. Geburtstag darstellen wird?

Fiedler: Absolut sehenswert – so wie heute auch.

Zur Person Daniel Fiedler:

Daniel Fiedler wurde 1966 in Freiburg/Breisgau geboren. Er studierte Theaterwissenschaft, Germanisitik und Soziologie, arbeitete als Regie- und Dramaturgieassistent und absolvierte ein Verlagsvolontariat. 2001 wurde Daniel Fiedler Referent der Direktion Europäische Satellitenprogramme beim ZDF. Im Mai 2007 berief ihn ZDF-Intendant Markus Schächter zum Nachfolger Engelbert Sauters im Amt des 3sat-Koordinators.

Ansatzpunkte

Das Thema „Geld für publizistische Internet-Angebote“ – für kurz Angebundene: „Bezahlinhalte“ – entwickelt sich zu dem, was wir langgedienten Musikjournalisten einen „Evergreen“ nennen. Es beschäftigt Kongress-, Tagungs- und Konferenzteilnehmer und die zugehörigen Berichterstatter und bei allem Räsonieren will doch die Ratlosigkeit einfach kein Ende nehmen. Hilfesuchend schweift der bange Blick in die Ferne, zur „New York Times“ oder zum hemdsärmeligen Onkel Rupert, dem Murdoch.

Der Nahbereich versinkt darob in Unschärfe. Denn in Deutschland gibt es ja bereits Bezahlinhalte. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ beispielsweise gewährt Zugriff auf ihr Archiv, die Suchfunktion zaubert die jeweilige Einleitung auf den Schirm und bei Interesse kann der zugehörige Artikel für problemlos zu entrichtende zwei Euro – Schnelligkeit ist ja ein wesentlicher Faktor – heruntergeladen und ausgedruckt werden.

So weit die Idee, doch bei der Realisierung hakt es. Denn auf eine Stichwortsuche hin werden längst nicht alle in Frage kommenden Beiträge aufgerufen. Selbst die Eingabe der Überschrift führt nicht zwangsläufig zum Ziel. Idealiter müssten die in Frage kommenden Inhalte zügig per Stichwort oder Autorennennung erschlossen und komplett aufgelistet werden. Und natürlich sollte diese Funktion mit allen gebräuchlichen Suchmaschinen gekoppelt sein, um über die eingeweihte Klientel hinaus weitere Kundschaft zu gewinnen.

Das müsste sich doch irgendwie einrichten lassen. Wenn man – über die gängigen Rationalisierungsmaßnahmen hinaus – nur mal ein paar Gedanken auf das eigene Produkt verwenden, sich vor allem aber öfter mal ins einfache nutzende Volk einfühlen würde.

Versteckte Schätze

Comedy Central versündigt sich derzeit am Publikum, denn dort versendet man die Serie „Extras“ in der Nacht von Sonntag auf Montag um 2.00 Uhr. Dafür gibt es um 20.15 Uhr zum abertausendsten Male „South Park“. „Extras“ ist eine Serie aus der Feder, unter der Regie und unter Mitwirkung von Ricky Gervais. Gervais ist auf dem Gebiet der televisionären Hochkomik eine einsame Größe. Er schuf zuvor „The Office“, das unmittelbare Vorbild für unseren „Stromberg“, und spielte dort auch selbst die Hauptrolle. Kennt man das Original, verspürt man gelegentlich ein schmerzhaftes Ziehen in den Zähnen, wenn Christoph Maria Herbst in die Vollen geht.

2005 ließ Gervais „Extras“ folgen, eine Tragikomödie aus dem Milieu der Kleindarsteller. In der momentan bei Comedy Central gezeigten letzten Staffel ist Gervais‘ Charakter Andy Millman nach langen Jahren der Notdurft mit einer flachen und komplett unwitzigen Sitcom endlich erfolgreich und mit ihm die befreundete Kollegin Maggie Jacobs (Ashley Jensen). Nun kämpft Millman – da dürfte einiges biografisch sein – mit den Folgen des Ruhms und ringt auch mal um künstlerische Anerkennung, so wenn er unter der Regie Sir Ian Kellens in einem Theaterstück mitwirkt.

Der Clou der Reihe sind die Gastauftritte hochmögender Zelebritäten, die meist mit großem Spaß das eigene Image verulken. In den noch ausstehenden beiden Episoden tummeln sich unter anderem Robert De Niro, Talkmaster Jonathan Ross, Clive Owen, George Michael, der TV-Koch Gordon Ramsay (mit seiner 2004 installierten Reihe „Kitchen Nightmares“ Vorbild diverser Restauranttester). Auch Orlando Bloom, Daniel Radcliffe, David Bowie, Ben Stiller, Samuel L. Jackson waren sich nicht zu schade, für Gervais vor die Kamera zu treten.

Was neben seiner großartigen Leistung für Gervais einnimmt: Er ist ein Mann mit Haltung. Wofern man einschlägigen Berichten glauben darf, lehnte er nichtsnutzige Nebenrollen in Hollywood-Blockbustern ebenso ab wie hoch dotierte Werbeangebote. Dafür lieferte er einen beeindruckenden Gastauftritt in der Serie „Alias“ (derzeit in der Wiederholung samstags bei Das Vierte) und schenkt uns demnächst die Kinokomödie „Cemetery Junction“.

Und wo wir schon bei versenkten Programmgemmen sind: Die US-Serie „Arrested Development“ (Comedy Central, samstags nachts gegen 1.00 Uhr) erzählte von 2003 bis 2006 schon von den Folgen der Wirtschaftskrise, ehe die überhaupt begonnen hatte. Grund genug, einen Spielfilm folgen zu lassen, der 2011 in die Kinos kommen soll.

 

Genau genommen

Der heute zur Ausstrahlung gelangende ARD-Film „Es liegt mir auf der Zunge“ fand verschiedentlich Berücksichtigung in der programmbegleitenden Presse, und kaum ein Skribent verzichtete auf die Behauptung, die tragikomische Hauptfigur Clemens Wilmenrod sei „der erste Fernsehkoch“ gewesen. Dabei handelt es sich um einen dieser Medienmythen, die immer wieder verbreitet, aber nie nachgeprüft werden. Einzig Klaudia Wick, Vertreterin jenes den Zahlen nach abnehmenden, wenn nicht aussterbenden Typs Fernsehkritiker, der sich seines Gegenstandes vergewissert, bevor er Meinungen verbreitet, formulierte in der „Berliner Zeitung“ und der „Frankfurter Rundschau“ historisch präzis: „Der erste Koch, den das deutsche Fernsehen berühmt machte, war gar keiner.“

Erster Koch, zweiter Koch, was soll die Nummernrevue, denkt da der gejagte Redakteur, dem vor lauter Summen und Brummen im multimedialen Newsroom der Kopf zu bersten droht. Aber die Sache ist die: Wir, das einfache lesende Volk hier draußen in der freien Wildbahn, können nun, sofern wir die „Berliner Zeitung“ oder die „Frankfurter Rundschau“ beziehen oder angeklickt haben, hochgemut mit dem Finger auf andere zeigen und sagen: Bäh, wir sind jetzt schlauer als ihr, denn unsere Zeitung hat uns korrekt informiert und nicht einfach frei flottierende Stammtischerzählungen nachgebetet.

Wenn die Leserschaft das öfter sagen kann – dann ist die Zeitung ihr Geld wert.

Nachtrag: Denn sollte nicht Lesers Zufriedenheit vornehmstes Ziel allen Zeitungmachens sein?

P.S. Stefan Niggemeier macht darauf aufmerksam, dass die „Berliner Zeitung“ den oben angesprochenen Film fälschlich dem ZDF zuwies. Der Fehler wurde hier nicht etwa gnädig, sondern vollends übersehen.  Sapristi – man kann doch niemandem mehr trauen. Nicht einmal sich selbst.

P.P.S.  Wenn die alten Augen nicht trogen, fehlte im Nachspann des Films der Hinweis auf die verantwortliche Redakteurin: Doris J. Heinze. Stand womöglich der in die Irre leitende Senderhinweis in der „Berliner Zeitung“ im Dienste einer gezielten Verschleierung? Was weiß man schon in diesen Tagen …

Vorschläge zur Güte

Die Marler Medien-Kartause (© Harald Keller), als "Insel" einst Sitz der örtlichen Volkshochschule.

Weil es, was auch angesehenen Nachrichtenagenturen schon passiert ist, dieser Tage in einer Provinzgazette wieder einmal falsch dargestellt wurde, hier mal schnell das Prozedere des Grimme Preises, den als renommiert zu attributieren ja schon Redaktionspraktikanten und anderen Grünschnäbeln zur schönen Gewohnheit geworden ist.

Wir alle, die wir dem einfachen fernsehenden Volke angehören, können, zum Beispiel hier, aber auch per Brief, Karte oder Fax, die unserer Meinung nach besonders gelungenen Fernsehsendungen wie auch herausragende Einzelleistungen wie beispielsweise eine exzellente Kameraführung, eine Tonmischung sondergleichen oder eine unübertreffliche Moderation nach Marl melden. Das sind die oft zitierten VORSCHLÄGE. Die noch keinerlei Wertung beinhalten.

Die vorgeschlagenen Sendungen werden von den jeweils zuständigen NOMINIERUNGSKOMMISSIONEN gesichtet und gesiebt. Am Ende dieses nicht einfachen Prozesses stehen die NOMINIERUNGEN. Wer eine solche erhält, darf sich, wenn er meint, das tun zu müssen, schon mal ein wenig brüsten. Nicht aber bei einem VORSCHLAG! Der bedeutet gar nichts!! Nicht wahr, Frau B. und Herr S. – Sie wissen das jetzt auch!?

Nach Ermittlung der Nominierungen treten gesonderte Gremien zusammen, die JURYS, die aus diesen Kandidaten dann endlich die Preisträger auswählen. Nach eingehender Sichtung und langen Diskussionen, im Idealfall unter Ausblendung des persönlichen Geschmacks, dafür unter ständiger Befragung des eigenen Gewissens. Letzteres klappt nicht immer, sonst hätte „Tracks“ ja mal einen Grimme Preis abbekommen, aber in der Summe funktioniert das Verfahren doch recht gut. Besser jedenfalls als andere Preis-Ausschreiben, wo man schon allein für die Mühsal der Anreise eine Trophäe geschenkt bekommt. Da könnte ja jeder kommen … Noch eine Formulierungshilfe: Nicht das Grimme Institut vergibt die Preise, die Jurys tun es. Das Institut fungiert als Ausrichter und nimmt keinen Einfluss auf die Entscheidungsfindung.

Halten Sie also Ausschau, geben Sie die Bestleistungen des laufenden Jahres nach Marl durch. Ganz wichtig noch: Die Statuten verlangen „fernsehspezifische“ Qualitäten, und sie sind perspektivisch ausgerichtet. Mit anderen Worten: abgefilmtes Kabarett passt hier nicht so gut her, und es gibt auch keinen Preis fürs Lebenswerk. Das sollen mal andere erledigen.

Marl, Rathauspassage. © Harald Keller

Krumm und schief

Wenn man der Berliner „tageszeitung“ die zwei Genossenschaftsanteile, die man sich als Student vom Munde abgespart hatte und heute als verarmter Akademiker gar nicht mehr leisten könnte, zurückveräußert, wird man umgehend angerufen und muss sich rechtfertigen. Gerade heute zeigt sich wieder einmal, dass man wohlgetan hat, wenn man nämlich Sätze liest wie:

„‚Immer mehr‘ gehört zu den Zentralvokabeln des Journalismus, und deshalb ist diese Disziplin der Chronik über das, was ist, auch immer in der Tendenz eine Unruhe wahrnehmende.“

Oder:

„Die meisten Migranten kennen diesen Prozess im Übrigen schon. Ihre Einwanderung nach Deutschland war ja schon eine Verbesserung ums Ganze, sonst würden sie ja nicht gekommen sein. Gemessen an ihren Verhältnissen in ihrer ehemaligen Heimat ist doch Deutschland für sie ein Gesamtprenzlauerberg. Ein Paradies, ein Mekka als solches.“

Weil, liebe Ex-Genossen: Hierbei handelt es sich um einen üppigen Stilblütenstrauß. Als solchen.

Chinesisches Wirtschaftswunder

Es saßen einst und hatten Spass

Drei Chinesen auf dem Kontrabass

Ihre Erben waren weitaus schlauer

Und wurden Kontrabasserbauer

 

Das Abendland war bass erstaunt

Aus China kam ein Supersound

Sapristi, rief es für und für

Die bauen Bässe fast wie wir

 

Irrtum, sagten die Bässemesser

China-Bässe sind weitaus besser

Der Chinese zog die Augen rund

Und wucherte mit diesem Pfund

 

Er baute Autos, Spielzeug, Satelliten

Die Westler fühlten sich alsbald wie Nieten

Als letzte Freud‘ bleibt den Langnasen

China ab und an den Marsch zu blasen