Galgenhumor und berechtigter Zorn

Mareike Eigenwillig. (c) Nils Elixmann

„Bitte, macht weiter“, bat eine Zuhörerin die Autorinnen Mareike Eigenwillig und Martha Maschke im Juni nach deren Lesung im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Die Lese-Rampe“. Die ironischen und frechen, kämpferischen und polemischen Texte der beiden Schriftstellerinnen, die sich aus eigenem Erleben literarisch mit dem Thema Krankheit, mit dem Gesundheitssystem und dem gesellschaftlichen Frauenbild auseinandersetzen, hatten großen Anklang gefunden. Und sie machen weiter – zunächst im September, wenn sie wegen der großen Nachfrage ein zweites Mal in der „Lese-Rampe“ zu Gast sein werden. Ein Novum in der Geschichte der noch jungen Osnabrücker Lesebühne.

„Viel Galgenhumor und wenig Selbstmitleid“ attestierte die „Neue Osnabrücker Zeitung“ der Autorin Martha Maschke. Als einen Überlebenskrimi bezeichnet sie ihren biografischen, gerade in Neuauflage erschienenen Roman „Hommage an mein Bauchgefühl“, der tatsächlich hoch spannende Momente enthält. Es ist die Geschichte einer Ärzteodyssee mit zahllosen Stationen. Und offenem Ende. Die Erzählerin: „Ich brauche mal Urlaub. Nichts leichter als das? Ich habe da ein Problem. Ich müsste mich mitnehmen.“

Mit wachem Blick, lakonischem Sprachwitz, Charme und einer kräftigen Dosis Selbstironie schildert sie den windungsreichen Weg durch Praxen und Kliniken und versteht es, auch die Perspektive des medizinischen Personals einzunehmen. Ein Thema, das sie auf der Web-Seite www.singultus.de im Dialog mit dem Facharzt Dr. Frank Möllmann weiterverfolgt. Untertitel des Blogs: „Schluckauf in der Arzt-Patienten-Kommunikation“. Zu Martha Maschkes Lesung werden per Projektion illustrierende Cartoons von Ralf Badtke gezeigt.

Martha Maschke. (c) Michael Dropmann

Mareike Eigenwillig, in Bad Iburg aufgewachsen, Germanistikstudentin an der Universität Osnabrück, legt mit „Ich entscheide, Sophia starb“ ihren ersten, noch unveröffentlichten Roman vor. Mit Martha Maschke teilt sie eine ausgesprochen gute Beobachtungsgabe. Ihr Thema sind Essstörungen und die Selbstwahrnehmung junger Frauen: „Etwas stimmt ganz und gar nicht mit der Darstellung dieser Krankheit“, sagt die 23-Jährige. „Es fehlte ihr an Brutalität, Authentizität und Grausamkeit.“

In ihrem Roman bedient sich Mareike Eigenwillig eines literarischen Kniffs: Die Protagonistin Tilda kämpft mit einer anorektischen Bulimie. Und das im Wortsinne – die Krankheit nimmt greifbare Gestalt an, bekommt einen Namen: Sophia. Und Sophia ist ein ziemliches Biest, kann fordernd, manipulativ und verführerisch sein … Die Ich-Erzählerin Tilda widersteht und erliegt ihr, berichtet spitzzüngig, trotzig, passagenweise zornig.

Als Autorin ist Mareike Eigenwillig nicht unerfahren. Bereits als Teenager stand sie als Poetry Slammerin auf der Bühne, unter anderem in Bad Bentheim und Nordhorn. Bei einem Slam in Hamburg errang sie den ersten Platz und gewann einen Startplatz für die Vorrunde zur deutschen Meisterschaft. Inzwischen hat Mareike Eigenwillig, die auch als Journalistin tätig ist, den Schritt von der kurzen zur Langform getan. Ein zweiter Roman ist in Planung.

Veranstaltungsdaten:

„Die Lese-Rampe“ präsentiert: Mareike Eigenwillig und Martha Maschke
Termin: Samstag, 29.9.2018
Beginn: 20 Uhr
Ort: „Unikeller“, Neuer Graben 29, 49074 Osnabrück (Schloss)
Eintritt: freiwillige Spende (Pay After)
Platzreservierungen bis zum Vortag und nur unter der Mail-Adresse lese-rampe@gmx.de.