Am eisigen Vorhang

Mit einem wochenendlichen „Game of Thrones“-Marathon hat RTL II einen vielbeachteten Publikumserfolg erzielt. Aber es ist nicht allein die geballte Programmierung, es liegt am Stoff: Die Bücher von George R. R. Martin – übrigens ein erfahrener TV-Autor und -Produzent mit Credits wie „The Twilight Zone“ (Neuauflage), „The Beauty and the Beast“, „Outer Limits“ etc. – sind Bestseller; auch die DVD-Box mit der ersten Staffel der von HBO hochwertig produzierten Serie wird ein Verkaufserfolg: Das Produkt ist noch gar nicht erschienen und steht doch in den Verkaufslisten bei der deutschen Amazon-Filiale bereits ganz oben.

In den USA beginnt am 1. April die Ausstrahlung der zweiten Staffel von „Game of Thrones“, und nicht nur leidenschaftliche Anhänger fantastischer Erzählungen sehen dem mit großen Erwartungen entgegen. Ein Irrtum übrigens ist es, „Game of Thrones“ als mittelalterlichen Stoff abzulegen. Vom Mittelalter unserer Geschichte aus nämlich ging es vorwärts in Richtung Fortschritt; Wissenschaft und Aufklärung brachten Neuerungen und Veränderungen. George R. R. Martin aber erzählt von einem zivilisatorischen Rückschritt. Man kann das als Warnung auffassen.

In der zweiten Staffel wird mit Tom Wlaschiha nach Sibel Kekilli ein zweiter Schauspieler deutscher Herkunft mitwirken. Der 39-Jährige ist allerdings schon seit längerem in außerdeutschen Produktionen zu sehen. Er stand für „München“, „Operation Walküre“ und „Anonymus“ vor der Kamera und spielte in britischen Premiumserien wie „The Deep“ und im erfolgreichen „Doctor Who“-Ableger „The Sarah Jane Adventures“. Inzwischen lebt Wlaschiha in London. Die Stadt reizt ihn, er findet aber auf eine entsprechende Frage hin auch lobende Worte für das britische Fernsehen: „Ich kann ja nur von den Drehbüchern ausgehen, die ich zu lesen bekomme. Da hat man schon den Eindruck, dass es in England einen größeren Mut gibt, in Extreme zu gehen. In jeglicher Richtung. Während man in Deutschland oft das Gefühl hat, sämtliche Zuschauer sollen gleichzeitig angesprochen werden, ist es in England so, dass die mutiger sind, auch was Spezielles zu produzieren und größere Risiken eingehen.“

Wlaschiha freut sich, in England eine exzellente Agentur gefunden zu haben. Das Angebot, in „Game of Thrones“ die Figur des Jaqen H’ghar zu spielen, kam kurzfristig. Ohne näheres Wissen um den Stoff sprach Wlaschiha den Probetext für die Videokamera und sandte den Film ein. „Offensichtlich lag ich da intuitiv irgendwie richtig“, erzählt er lachend. Es gab ein Treffen mit den Produzenten, und das Engagement wurde besiegelt. Zum Inhalt der kommenden Staffel durfte Wlaschiha aus vertraglichen Gründen nur wenig berichten. Aber man weiß, das Jaqen H’ghar als Gefängnisinsasse fremder Herkunft eingeführt und zur Verstärkung der Wache am eisigen Vorhang der Großen Mauer verschickt wird. Auf dem Weg dorthin begegnet der Mordbube der kleinen Arya Stark, die am Ende der ersten Staffel den Tod ihres Vaters Ned Stark erleben musste – „und die beiden haben dann ein sehr spezielles Verhältnis miteinander.“ So viel verrät Wlaschiha denn doch. Den Rest wird man sehen.

Und um abschließend noch rasch die Maßstäbe zu skizzieren: „Game of Thrones“ wird weltweit von mehr Menschen gesehen werden als noch so erfolgreiche Arthouse-Renner.

Tom Wlaschiha als Jaqen H’ghar in der zweiten Staffel von „Game of Thrones“:

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