Soigniert in Whitehall statt schmierig in Washington

Ab 12. Februar gibt es in der Arte-Mediathek die von Andrew Davies verfasste britische Erstverfilmung von „House of Cards“ aus dem Jahr 1990. Der Entstehungszeit entsprechend gediegener erzählt als heutige Serien. Wogegen nichts spricht, wenn die Charaktere spannend gestaltet sind.

Bei der Neuverfilmung beging das Team den Fehler, Frank Underwoods wahren Charakter gleich in der ersten Sequenz zu enthüllen. Schon ab diesem Moment traut ihm jede Schandtat zu, das nahm der Serie einiges an Reiz. Bei Underwoods britischem Vorgänger Francis Urquhart durfte man sich seinerzeit noch überraschen lassen. Und zwar gewaltig.

Der US-Version wurde gelegentlich nachgesagt, der Hauptautor Beau Willimon habe hier Donald Trump vorweggenommen. Jedoch ist Frank Underwood ein kühl kalkulierender Stratege. Trump hingegen agiert häufig emotional und irrational, lässt sich vom Mediengeschehen und wohl auch von (falschen) Beratern leiten. Genau betrachtet, spielte die Neuauflage Trump sogar in die Hände. Die Serie zeigt Washingtons Politlandschaft vom Weißen Haus bis zur Presse als durch und durch korrupt. Trump machte Wahlkampf mit der Aussage, den „Sumpf“ an Korruption in Washington trockenlegen zu wollen. Wer wollte, konnte „House of Cards“ (US) in diesem Sinne auffassen.

In Deutschland wurde die britische Serie, die zunächst als Vierteiler begann und 1993 fortgesetzt wurde, unter dem Titel „Ein Kartenhaus“ vom Ersten ausgestrahlt, wo man je zwei der 45-minütigen Folgen zusammenfasste und die so entstandenen beiden Filme auf zwei Abende verteilte. Andrew Davies übrigens ließ reale Politikernamen einfließen. Seine Serie beginnt mit der Abdankung Margaret Thatchers.

Wer kann, sollte die BBC-Verfilmung von „House of Cards“ in der englischen Tonfassung schauen. Denn niemand, schon gar nicht der Langweiler Kevin Spacey, spricht die legendären Worte „You might very well think that; I couldn’t possibly comment“ so kultiviert und durchtrieben wie der soignierte Sir Ian Richardson.

Highly recommended.