Der Geiselgangster von Görlitz

Sächsisch noir: Mit zwei neuen Filmen geht die düstere Reihe „Wolfsland“ um Kommissar Burkard Schulz und seine Partnerin Viola Delbrück in die Fortsetzung.

Frankfurt – Wie groß mag der Radius sein, den man einhalten muss, um nicht von Kommissar Burkard „Butsch“ Schulz (Götz Schubert) in irgendwelche Kalamitäten verwickelt zu werden? Am besten bleibt man wohl ganz außer Sichtweite. Seine Partnerin Viola Delbrück (Yvonne Catterfeld) wirkt gleichfalls wie ein Magnet auf Malaisen. Zu Beginn der Reihe „Wolfsland“ wurde sie von ihrem psychisch erkrankten Ex-Gatten kujoniert. Schulz zog sich später den Hass eines Jugendfreundes zu. Er wurde einer Vergewaltigung beschuldigt, des Mordes verdächtigt und erlitt schließlich eine Schussverletzung, die ihn in den Rollstuhl zwang.

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Finale für den Staatsanwalt

Ob’s an der Ostsee, der (Halb-)Insellage, der Nähe zu Skandinavien liegt? Mit „Stralsund“ auf Seiten des ZDF und dem „Usedom-Krimi“, vom NDR ins Erste eingespeist, gibt es zwei ausnehmend düster-melancholische Krimireihen im deutschen Fernsehen. „Baltic noir“, wenn man so will. Von der ersten Folge an lagen Schatten über dem Personal des „Usedom-Krimis“. Die Hauptfigur Karin Lossow (Katrin Sass) war und ist eine ehemalige, wegen Totschlags vorbestrafte Staatsanwältin. Ihre Tochter Julia Thiel (Lisa Marie Potthoff), selbst Mutter, hatte eine außereheliche Affäre. Thiel wurde mittlerweile ermordet. Ein rabiater Abschied, aber nicht der einzige im Verlauf der bisherigen Folgen.
Mit dem Film „Am Ende einer Reise“ endet der diesjährige dreiteilige Zyklus. Die Kriminalfälle werden jeweils aufgelöst, im privaten Bereich gibt es durchlaufende Handlungsfäden. Einer davon gilt Lossows angespannter Beziehung zu ihrem Nachfolger Dr. Dirk Brunner (Max Hopp), ein rundum unbeliebter schnöseliger Besserwisser und kleinkarierter Paragrafenreiter. Aber auch ein einsamer Mensch, der Haikus dichtet und sich sehr gewählt, wenn auch mit erhobener Nase, auszudrücken versteht. Die langjährige, von wechselseitiger Feindseligkeit geprägte Beziehung zu Lossow beschreibt er gewandt als „kritische Partnerschaft“.

Mit blauem Auge abhanden gekommen

Auch Brunner steht, so jedenfalls die Sachlage gegen Ende der aktuellen Episode, ein Abschied bevor. Bis zu seinem – buchstäblichen – Abflug aber hat er noch vier Tage Zeit. Um sich nicht zu langweilen, schließt er sich der an sich ungeliebten Lossow an, der während der Rückfahrt aus dem schwedischen Ystad eine verheiratete Polin mit blauem Auge aufgefallen war. Die saß nicht im Auto, als ihr Mann den Wagen in Świnoujście, ehemals Swinemünde, von der Fähre lenkte.
Karin Lossow ist ein Mensch von jener Art, dem dergleichen keine Ruhe lässt. Sie fragt dann mal nach, nimmt Witterung auf, beginnt zu ermitteln. Dieses Mal nicht im heimlichen Kampf gegen Brunner, sondern mit ihm an ihrer Seite. Was Stammseherinnen und -seher vielleicht überraschen wird, von Drehbuchautor Michael Vershinin, vormals Illner, aber bestens gelöst wird.
Überhaupt gelingt ihm und Regisseur Grzegorz Muskala die beste der im Oktober ausgestrahlten drei Folgen. Vershinin hat ein Ohr für Sprache, jede Hauptfigur hat ihre eigene Art zu reden. Man hört hier auch mal Polnisch, deutsch untertitelt; wenngleich immer noch polnische Landsleute sämtlich Deutsch sprechen, während die Deutschen allenfalls mal polnisch grüßen.
Regisseur Muskala schafft durchgehend eine unheilschwangere Atmosphäre, ohne den Krimi in ein Gruselkabinett zu verwandeln. Nur der Schluss ist dann um einiges drastischer als nötig gewesen wäre.

Verbeugung gen Schweden

Überflüssig auch die etwas angestrengt in die ersten Szenen eingebaute Verneigung vor Henning Mankell – Ystad! –, auch wenn dessen Name nicht fällt. Streifenpolizist Holm Brendel (Rainer Sellien) schätzt einen gewissen schwedischen Krimiautor und hat eine Wallfahrt nach Ystad zu den Romanschauplätzen hinter sich. Der Ausflug brachte ihm die Bekanntschaft mit der Krimi-Vloggerin „Noelle Noir“ (Ivan Anderson) ein, die noch eine Rolle spielen wird, fürs Erste aber einmal einwirft: „Die Schweden schreiben wirklich die besten Krimis“.
Mit derartigen pauschalen Aussagen sollte man immer vorsichtig sein. Ob „Noelle Noir“ wohl mal einen Krimi des mexikanischen Schriftstellers Paco Ignacio Taibo II gelesen hat? Die Hongkong-Thriller des australischen Autors William Marshall? Hat sie je Avtar Singhs Romanhelden Sajan Dayal durch Dehli begleitet?
Zu schweigen davon, dass es in Mankells Geschichten allerlei Widersprüche und Logikfehler gibt, die Lobhudeleien wie die obige etwas übertrieben erscheinen lassen. Ein Herkunftsland kann kein Gütezeichen sein, weder bei Romanen noch bei Krimiserien.

„Der Usedom-Krimi: Am Ende einer Reise“, in der ARD-Mediathek.

Der Verkaufshit unter den Donnerstagskrimis

Auch in Frankreich geschätzt: Trotz mittelmäßiger Machart ist die deutsche Krimireihe „Kommissar Dupin“ ein internationaler Verkaufsschlager.

Frankfurt – Wer in Kanada urlaubt und dort den Fernseher einschaltet, könnte auf ein bekanntes Gesicht treffen: den Schauspieler Pasquale Aleardi. Seit 2014 verkörpert der Schweizer in der Reihe „Kommissar Dupin“ die gleichnamige Hauptfigur. Für das Ausland offenbar so überzeugend, dass ein englischsprachiger Autor der Webenzyklopädie Wikipedia „Kommissar Dupin“ irrtümlich als französische Produktion einstuft.

Auch dort, wo die nach Regionalkrimis von Jean-Luc Bannalec alias Jörg Bong gedrehte Reihe angesiedelt ist, im bretonischen Concarneau, hatte man Aleardi schon auf dem Schirm. Dort liefen die bis 2018 gedrehten Episoden auf France 3 und erzielten im Durchschnitt einen beachtlichen Marktanteil von 15 Prozent. „Kommissar Dupin“ ist ein Verkaufserfolg.

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