Die Hüter der Rentengeheimnisse

Wer mit der Deutschen Rentenversicherung zu tun bekommt, und das gilt früher oder später ja für jeden, kann eigenartige Dinge erleben. Da gibt es zum Beispiel auf der Homepage die Möglichkeit, online einen Termin zu vereinbaren. Im Weiterlesen aber erfährt man: „Derzeit sind keine Online Terminvereinbarungen [sic!] möglich. Sollten Sie einen Beratungstermin wünschen, bitten wir Sie uns anzurufen.”

Gut, der Bitte wird entsprochen. Nicht verzagen, durchhalten, Zeit einplanen. Es dauert einige Minuten, ehe abgenommen wird. Sehr unfreundlich wird man nach seiner Versicherungsnummer gefragt. Dann müssen auf der anderen Seite erst einmal Computerprobleme behoben werden. Nachdem das geschehen ist, ermittelt die Dame, dass nur telefonische, keine persönlichen Beratungen möglich sind. Damit hat der Versicherte in der Vergangenheit jedoch sehr schlechte Erfahrungen gemacht.

Es begab sich wie folgt: In der Pandemiephase wurden keine persönlichen Beratungen angeboten. Verständlich. Mit Ende der Einschränkungen verkündete die DRV-Homepage für den Wohnort des Petenten, dass die Büros wieder für den Publikumsverkehr geöffnet seien. Der Kandidat wählte die angegebene Telefonnummer und wurde angeherrscht, wegen Corona gäbe es keine persönliche Beratung. Der Anrufer verwies höflich auf die Webseite, die Gegenteiliges vermittelte. Gebrummel auf der Gegenseite, dann die mürrische Frage, worum es denn gehe. Kurzer Abriss des Anliegens, dann wurde geschnauzt, diese Fragen seien in dreißig Minuten nicht zu beantworten, und man dürfe nur dreißigminütige Sprechstunden vergeben.

Der Versicherte wagte zu bezweifeln, dass seine Fragen in dreißig Minuten nicht ausgeräumt werden können, aber die Dame verweigerte kategorisch die Zuteilung eines Termins. Sie versuchte sich selbst an einer Beantwortung. Das ging, was sich aber erst später herausstellen sollte, gehörig schief.

Aus dieser Erfahrung heraus also bevorzugt der Anrufer eine persönliche Beratung. Ab wann dies denn wieder möglich sei? „Nächste Frage” schallt es barsch aus dem Telefonhörer.

Nichts zu machen.

Was steht da noch mal auf der Webseite? „Sie haben Fragen – wir die Antworten!”

Aber sie hüten diese Antworten wie Fafnir seine Schatzhöhle. Könnte mal jemand Sigurd Bescheid geben?

Unsicherheiten, Niedrigverdienst, Qualitätsverlust

Im vergangenen Winter hat die Münchener Ludwig-Maximilians-Universität eine Umfrage zum Thema Prekarisierung in den journalistischen Berufen erstellt. Erste Ergebnisse liegen vor. Professor Dr. Thomas Hanitzsch und Jana Rick, M.A., haben die Studie geleitet und schreiben (Orthografiefehler inklusive):

- Hauptberufliche Journalist*innen verdienen im Durchschnitt rund 2340 € netto pro Monat. Die Zahl der Niedrigverdiener*innen ist im Vergleich zu vergangenen Studien gestiegen.

- Mit ihrem Beruf allgemein sind 43% eher zufrieden und 26% sehr zufrieden.

- Insgesamt 43% der hauptberuflichen Journalist*innen schätzen ihre Arbeitssituation als prekär ein.

- Die Mehrheit der hauptberuflichen Journalist*innen (58%) stuft ihr aktuelles Arbeitsverhältnis als „eher unsicher“ ein.

- Drei von fünf Journalist*innen haben berichtet, dass sich ihre Arbeitsbedingungen seit der Corona-Pandemie verschlechtert haben.

- Die Mehrheit der Journalist*innen (58%) ist der Meinung, dass prekäre Verhältnisse die Qualität des Journalismus bedrohen.

Kommentar: Der Qualitätsverlust ist längst eingetreten. Schlimmer noch: Er wird von manchen Berufsangehörigen billigend in Kauf genommen.

Die ausführlichen Ergebnisse können unter https://survey.ifkw.lmu.de/Journalismus_und_Prekarisierung/Prekarisierung_im_Journalismus_erster_Ergebnisbericht.pdf eingesehen und heruntergeladen werden.

Die Propheten vom Lerchenberg

Von wegen Saure-Gurken-Zeit – das ZDF geht stramm auf Qualitätsserienkurs

Eine neue ZDF-Serie gibt Gelegenheit, einen schon älteren Gedanken wieder hervorzukehren: Würde die Bevölkerung den Virus Covid-19 ähnlich sorglos hinnehmen, wenn die Erkrankung mit äußerlichen Symptomen wie Ausschlag, Haarausfall, Blutungen verbunden wäre?

Christian Alvart konnte von der umgehenden neuen Corona-Variante noch nichts wissen, als er seine achtteilige Geschichte entwarf. Natürlich gab es bereits andere, lokal begrenzte Epidemien. Aber die schienen immer weit weg, in chinesischen Regionen, in afrikanischen Ländern. Mittlerweile ist aus Alvarts klugem Gedankenspiel Realität geworden. (…)

Weiter geht es hier: https://www.fr.de/kultur/tv-kino/tv-kritik-zur-virus-serie-sloborn-zdfneo-blut-im-blick-90011870.html

Aus der Fantasiewelt in die Wirklichkeit

Szenenfoto.

Szenenfoto.

Szenen, die einem vertraut vorkommen: Die Einkaufszentren sind beinahe menschenleer, die Menschen tragen Atemschutzmasken, an jeder Fußgängerampel gibt es ein automatisches Desinfektionsgerät.

Justin Marks, der Schöpfer der Urban-Fantasy-Serie „Counterpart“, erwies sich aus heutiger Warte  als erstaunlich hellsichtig. Und als origineller Denker. „Counterpart“ spielt im zeitgenössischen Berlin, das,  wie überhaupt die ganze Erde, vor 30 Jahren in einer anderen Dimension eine Doppelgängerin bekommen hat. Der Kniff erinnert entfernt an China Miévilles Roman „Die Stadt und die Stadt“ (Bastei Lübbe), wobei Miéville seine Geschichte in einem osteuropäisch anmutenden Fantasiestaat ansiedelt.

In der Parallelwelt in „Counterpart“, die nur unter ähnlich schikanösen Umständen wie einst die DDR betreten werden kann, gab es in der Vergangenheit eine Viren-Pandemie, die einen Großteil der Bevölkerung umbrachte. Gewisse Kreise machen die erste Welt für die Seuche verantwortlich. Und planen eine Racheaktion …

Die intensiv wirkende Serie ist mit u. a. Oscar-Preisträger J. K. Simmons, Olivia Williams, Stephen Rea, Ulrich Thomsen, Nazanin Boniadi (bekannt aus „Homeland“) exzellent besetzt. Von deutscher Seite sind Christiane Paul sowie Liv Lisa Fries aus „Babylon Berlin“ dabei. Clever ausgeheckt, vortrefflich inszeniert und ausgestattet, gedreht größtenteils in Berlin mit Studio Babelsberg als Produktionspartner. Derzeit abrufbar bei Videoload, iTunes und Amazon in Deutsch und Englisch, kommissioniert ursprünglich vom US-Abokanal Starz.

„Die Stadt und die Stadt“, als Roman übrigens kongenial ins Deutsche übertragen, gibt es als gleichfalls gelungene Verfilmung unter dem Originaltitel „The City & the City“ als Vierteiler abrufbar bei Maxdome, Google Play, Amazon, iTunes, TV Now, Videoload. Produziert wurde der Vierteiler von der BBC. Die können so was.

Szenenfoto.

Szenenfoto.